Bestandsbeschreibung
Abt. 186 Familienarchiv Leonhard von Heyl/Nonnenhof (Dep.)
Umfang: 307 Archivkartons; ein Karton mit Überformaten; 2,5 lfm mit planliegenden
und gerollten Überformaten (= 2165 Verzeichnungseinheiten = 33 lfm, einschl. Filmrollen,
Foto-Negative u.a.)
Laufzeit: 1760 - 1985
Übernahme und Verzeichnung
Nach einem Hinweis von Frau Dr. Mathilde Grünewald (Museum der Stadt Worms) wurde
dem Stadtarchiv Ende Juni 2002 bekannt, dass der Inhaber des Heylschen Gutes Nonnenhof
(Bobenheim), Herr Dr. Ludwig von Heyl, an einer Übergabe des Familienarchivs seines
Onkels Leonhard von Heyl (1924-1983) an das Stadtarchiv interessiert sei. Frau Dr.
Grünewald übergab dem Archiv eine von ihr bei einer Besichtigung der zur Aufbewahrung
dienenden Räumlichkeiten angefertigte Übersicht mit einer ersten Aufstellung über
das im Forsthaus Nonnenhof aufbewahre Material. Das Archiv nahm daraufhin Kontakt
mit Herrn Dr. von Heyl auf und vereinbarte dabei, einen Depositalvertrag mit den üblichen
Bestimmungen (Eigentumsvorbehalt etc.) abzuschließen. Das Stadtarchiv hat dann durch
seinen Leiter Dr. Gerold Bönnen und Frau Dipl.-Archivarin (FH) Margit Rinker-Olbrisch
in der ersten Augusthälfte 2002 die in zwei Räumen des zur Renovierung anstehenden
Forsthauses lagernden Unterlagen gesichtet, einen ersten Teil direkt vor Ort signiert
und verzeichnet (Eingabe als Word-Liste, Titelaufnahme/Laufzeitfeststellung von ca.
800 Verzeichnungseinheiten) und zum Abtransport vorbereitet.
Die gesamten Materialien, von denen ein großer Teil in Aktenordnern stehend, der Rest
entweder lose (in Kisten) oder als Schnellhefter verwahrt worden ist, wurden am 9.8.2002
mit in das Stadtarchiv verbracht, der verzeichnete Teil wurde direkt im Keller der
Ernst-Ludwig-Schule aufgestellt, die unverzeichneten Unterlagen kamen zur weiteren
Bearbeitung in das Raschi-Haus, darunter auch ca. 15 35mm-Filmrollen, Fotografien
(Negative und Abzüge), Karten und Pläne.
Die Verzeichnung der restlichen Unterlagen samt der Erstellung einer Klassifikation
und eines Index (s.u.) erfolgte im Zeitraum von August 2002 bis April 2003 durch Margit
Rinker-Olbrisch. Der Umfang der Unterlagen beträgt insgesamt ca. 40 laufende Meter
(1806 Verzeichnungseinheiten). Kassationen sind bis auf wenige Ausnahmen (Kontoauszüge,
Abrechnungen, gedruckte Rundschreiben) unterblieben.
Im Frühjahr/Sommer 2010 erfolgte eine Nachverzeichnung der Bestandsunterlagen, die
im August 2002 nur mit Aktentitel und Laufzeit in die Word-Liste aufgenommen worden
waren (ca. 800 Nummern). Sie wurden nun vertiefend verzeichnet, um auch im Rahmen
der Arbeiten zu dem Heyl'schen Sammelband "Die Wormser Industriellenfamilie von Heyl.
Öffentliches und privates Wirken zwischen Bürgertum und Adel" als Quellen zur weiteren
Auswertung zur Verfügung zu stehen. Gleichzeitig wurden die Sperrfristen entsprechend
der Vorgaben des im September 2010 geänderten Landesarchivgesetzes für Rheinland-Pfalz
geändert bzw. aufgehoben.
Klassifikation
Da die Unterlagen bei ihrer Übernahme keine innere Ordnung aufwiesen, wurde im Laufe
der Bearbeitung des Materials eine Klassifikation erarbeitet, die die wesentlichen
inhaltlichen Schwerpunkte und unterschiedlichen personellen Zusammenhänge und Provenienzen
von seiten der beteiligten Familienmitglieder widerzuspiegeln bemüht ist. Nicht immer
ließen sich dabei die familiär-privaten von den mit diesen auf das engste verflochtenen
geschäftlichen Angelegenheiten der Firma bzw. Firmen und ihrer finanziellen Implikationen
trennen. Die Abgrenzungen in der Klassifikation sind daher oft weniger scharf als
dies die Gliederung glauben macht. Zudem wurde ein Teil der Unterlagen relativ zügig
vor der Übernahme vor Ort in geringerer Tiefe verzeichnet als andere; insbesondere
die Unterlagen zur Person Leonhards von Heyl und zur Geschichte des Nonnenhofes sind
in der Regel weniger intensiv erschlossen worden als die eigentlichen älteren Archivalien
zu Firma und Familie.
Inhalt, Wert und Bedeutung
Inhaltlich gliedert sich die Abteilung 186 vor allem in drei etwa gleich große Teile:
1. Der persönliche Nachlass des Leonhard von Heyl (persönliche und Studienunterlagen,
Korrespondenz, Tätigkeit in Vereinen und Gremien, darunter im Wormser Altertumsverein
(Vorsitz 1966-1983), in landwirtschaftlichen Organisationen und in der pfälzischen
Landeskirche). Der Zeitraum dieses Teils der Unterlagen liegt zwischen ca. 1940 und
dem Tod 1983 mit wenigen Stücken der Zeit kurz danach.
2. Unterlagen zur Entwicklung des seit dem 19. Jahrhundert in Familienbesitz befindlichen
Nonnenhofes bei Bobenheim und seiner Bewirtschaftung mit einem Schwerpunkt in der
Zeit von ca. 1920 bis 1960.
3. Unterlagen zur Geschichte der Familie von Heyl, darunter zu Cornelius Wilhelm von
Heyl (1843-1923), darunter ein Teil seines bislang als verloren geglaubten Nachlasses
mit hohem Wert für Fragen der Politik, Mäzenatentum, öffentlichem Wirken und wirtschaftlicher
Betätigung. Von besonderem Wert sind unterschiedliche Archivverzeichnisse der Zeit
nach dem Tod 1923 (Nr. 582, maschinenschriftlich, ca. 80 S., offenbar unvollständig
überliefert), erstellt nach erfolgter Verzeichnung und Ordnung der im Privatarchiv
von Freiherr Dr. von Heyl zu Herrnsheim vorgefundenen Akten, November 1928, demnach
im Archiv 2827 Mappen in 14 Gruppen vorhanden; Nr. 820; Nr. 821; Nr. 1272 hs. Aufstellung).
Etliche Unterlagen betreffen Cornelius Wilhelms Frau Sophie geb. Stein (1847-1915),
dazu liegen weitere Archivalien zur Geschichte der Kölner Bankiersfamilie Stein vor.
Von besonderem Wert sind Unterlagen zu Cornelius Wilhelms Bruder General Maximilian
von Heyl (1844-1925) und seiner Frau Doris (1848-1930) darunter auch zahlreiche Akten
zum Heylshof Darmstadt und zu ihren mäzenatischen Aktivitäten in Worms und Darmstadt)
sowie Korrespondenz.
Für die genannten Persönlichkeiten enthält der Bestand außerordentlich wertvolles
Archivmaterial, das unser Wissen über die Geschichte der Familie und ihrer vielfältigen
Wirkungen und Aktivitäten auf den Gebieten der Politik und Kunst, dem öffentlichen
und wirtschaftlichen Leben - insbesondere auch auf dem Gebiet der Kunstpflege - und
auf eine wesentlich erweiterte Grundlage stellt. Umfangreiches Material informiert
über die familieninternen Auseinandersetzungen und Konflikte; sehr zahlreiche Korrespondenz
gewährt tiefe Einblicke in die personellen Verflechtungen und Kontakte der weitverzweigten
Familie. Eine besondere Stellung nimmt die ausgeprägte Selbststilisierung und Selbstdarstellung
der Familie und ihrer Angehörigen ein, zu denen der Bestand umfangreiches Material
bereithält.
Die Original-Fotografien (v.a. Glasplatten mit Privatfotos der Familie von Ludwig
Freiherrn von Heyl, 1886-1962) wurden zum Teil durch die Fotoabteilung übernommen
und verbleiben dort (vgl. Abt. 186 Nr. 1707). Die zu dem 1944 gehörenden Filmprojekt
der Fa. Heyl-Liebenau gehörenden 35mm-Filme befinden sich zurzeit im Bundesarchiv
in Berlin, wo sie digitalisiert werden sollen. Die ältesten Unterlagen im Bestand
reichen in die Zeit bis ca. 1720 zurück. Der Schwerpunkt der Überlieferung liegt im
Zeitraum von ca. 1880 bis ca. 1930.
Erhaltungszustand und Benutzbarkeit
Zum kleinen Teil sind die Unterlagen durch Feuchtigkeitseinwirkungen beeinträchtigt;
zum Teil handelt es sich um sehr brüchiges und im Erhalt gefährdetes Kopierpapier,
das zum Teil (K) durch lesbare Fotokopien ersetzt wurde (Nr. 53, 960, 962, 963, 967,
968, 979, 980, 984 -986, 993, 1027, 1060 (K), 1079 (K), 1080 (K), 1094 (K), 1102-1104
(K), 1115, 1198).
Aus Gründen des Datenschutzes ist ein Teil der Leonhard Freiherr von Heyl betreffenden
Unterlagen (Steuersachen, persönliche Unterlagen) für die Benutzung gesperrt; Ähnliches
gilt für private Belange einiger anderer Familienmitglieder. In Zweifelsfällen ist
das Archiv gehalten, sich mit dem Eigentümer in Verbindung zu setzen.
Verwandte und ergänzende Archivabteilungen im Stadtarchiv
In erster Linie sind hier zu nennen:
- 170/26 Familie von Heyl
- 180/1 Heylsche Lederwerke Liebenau
- 185 Familien- und Firmenarchiv Ludwig Cornelius Freiherr von Heyl (Depositum)
Mit letztgenanntem Bestand weist die Abt. 186 sehr enge Verflechtungen auf; die hier
befindlichen umfangreichen Unterlagen werden in erfreulicher Weise ergänzt.
(zu weiteren Informationen vgl. die Beständeübersicht des Stadtarchivs)
Literatur
Die Wormser Industriellenfamilie von Heyl. Öffentliches und privates Wirken zwischen
Bürgertum und Adel, hg. v. Gerold BÖNNEN u. Ferdinand WERNER, Worms 2010 (538 S.,
ca. 600 Abb., grundlegender Sammelband zu verschiedensten Aspekten, darunter Beitrag
über die Nachlässe und ihre Verzeichnung durch Margit Rinker-Olbrisch)
BÖNNEN, Gerold (Bearb.), Das Stadtarchiv Worms und seine Bestände, Koblenz 1998 (Veröffentlichungen
der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz 79) (S. 39f., S. 173-178 mit weiterer Lit.)
KRIEGBAUM, Günther, Die parlamentarische Tätigkeit des Freiherrn C. W. Heyl zu Herrnsheim,
Meisenheim 1962 (Mainzer Abhandlungen zur mittleren und neueren Geschichte 9)
KÜHN, Hans, Politischer, wirtschaftlicher und sozialer Wandel in Worms 1798-1866 unter
besonderer Berücksichtigung der Veränderungen in der Bestellung, den Funktionen und
der Zusammensetzung der Gemeindevertretung, Worms 1975 (Der Wormsgau, Beiheft 26)
Stiftung Kunsthaus Heylshof. Kritischer Katalog der Gemäldesammlung, bearb. v. Wolfgang
SCHENKLUHN, Worms 1992 (darin: Klaus HANSEMANN, Der Heylshof: Unternehmerschloß und
Privatmuseum, S. 1950; Judith BÜRGEL, "Da wir beide Liebhaberei an Antiquitäten besassen".
Zur Gemäldesammlung von Cornelius Wilhelm und Sophie von Heyl, S. 51-71)
Dr. Gerold Bönnen/Margit Rinker-Olbrisch
Worms, im Juni 2003 / Oktober 2010
Nachtrag
Im Februar 2014 machte Herr Dr. Ludwig v. Heyl (Nonnenhof) auf neuerlich aufgefundene
Unterlagen aufmerksam, die aus dem Besitz seines Onkels Leonhard noch im sog. Försterbau
lagerten. Die Stücke wurden am 27. Februar durch Frau Margit Rinker-Olbrisch und Archivleiter
Herr Dr. Gerold Bönnen gesichtet und großenteils zur Ergänzung des Bestandes Abt.
186 übernommen. Die Verzeichnung wurde von Frau Rinker-Olbrisch bis Ende März abgeschlossen.
Es kamen 129 neue VE (davon 17 Unternummern) zum Bestand Abt. 186 hinzu. Das Material,
teilweise großformatig, umfasst Schriftgut, zahlreiche Fotografien (auch Alben) und
Grafiken. Dem Bestand Abt. 185 (Familien- und Firmenarchiv Ludwig C. Freiherr von
Heyl) wurden vier eindeutig Ludwig C. von Heyl bzw. seinem gleichnamigen Sohn zugehörige
Stücke eingegliedert. Allerdings wurden einzelne Ludwig C. von Heyl betreffende Archivalien,
die Leonhard von Heyl in seinen Bestand integrierte hatte, auch in diesem Zusammenhang
belassen und in die für Ludwig C. von Heyl und seine Ehefrau Eva-Marie von Heyl geb.
von der Marwitz vorgesehene Klassifikationsgruppe in Abt. 186 eingefügt.
Im Neuzugang befanden sich u.a. Zeitungsausgaben (mehrfach) zum Ableben, den Trauerfeierlichkeiten
und der Beisetzung von Cornelius Wilhelm Freiherr von Heyl zu Herrnsheim (+ 1923)
sowie eine Bibel und ein Gesangbuch aus dem Besitz der Alice von Heyl (1881-1969),
wobei Letzteres einen von Otto Hupp gestalteten Ledereinband aufweist (Abt. 186 Nr.
1805). Erfreulich ist, dass mit der Übernahme Gesellschafts- und Besuchsbücher (beginnend
ab 1894-1899, folgt Lücke bis 1909, endigend 1914; Abt. 186 Nr. 1806-1809) dem Bestand
zugeführt werden konnten, die Auskunft über das gesellschaftliche Leben im Heylshof
Worms, Schloss Herrnsheim und Jagdgesellschaften geben. Wichtig für die Rekonstruktion
des ehemaligen Archivs von C. W. von Heyl ist das umfangreiche nahezu vollständige
Archivverzeichnis (Abt. 186 Nr. 1813), das zusammen mit den schon vorhandenen wenigen
Teilen (Abt. 186 Nr. 582) nun komplett vorliegt. Weiterhin ist hervorzuheben ein Album
im Charakter eines Stammbuches, das Cornelius Wilhelm von Heyl von seinen Eltern geschenkt
worden war und Eintragungen von Verwandten, Freunden usw. insbesondere aus der Zeit
seines Aufenthaltes im Institut der Herrnhuter Brüdergemeine in Neuwied enthält (Abt.
186 Nr. 1829; Laufzeit 1856-1859). Einzelne Stücke der übernommenen Archivalien tragen
schmuckvolle Ledereinbände, hier sollen zwei hervorgehoben werden. Zum einen handelt
es sich um ein "Photographisches Album von Sehensüwrdigkeiten der Stadt Worms" (1881;
Abt. 186 Nr. 1880), das seinerzeit vermutlich in Zusammenhang mit der Museumsweihe
im Paulusstift heraugegeben wurde sowie ein Fotoalbum "Zur Erinnerung an den Fackelzug
8. April 1886" anlässlich der Erhebung in den Adelsstand (Abt. 186 Nr. 1881) mit zahlreichen
Gruppenaufnahmen (versch. Personengruppen aus der Lederfabrik), gefertigt von dem
Wormser Fotografen Fritz Winguth. Daneben finden sich Fotoalben von Sophie von Heyl
(1918-1980) von ihrem Aufenthalt in der Frauenschule Metgethen (bei Königsberg) und
in der Diakonissenanstalt in Halle, Urlaub u.a. und Alben von Leonhard von Heyl. Von
diesem wurden außerdem Korrespondenzserien mit Briefen an seine Eltern übernommen.
Sie setzen in seiner Kindheit (ab 1932) ein, umfassen seine Kriegs- und Studienzeit
und enden 1959. Von den großformatigen Stücken (Fotografien, Grafiken) sticht eine
großformatige Fotografie des Heylshofs in Darmstadt hervor, die teilweise mit einer
Zeichnung für einen projektierten großzügigen jedoch nicht ausgeführten Anbau überklebt
ist (Abt. 186 Nr. 1894). Diese Skizze könnte von dem Architekten Gabriel von Seidl
stammen. C. Battenfeld zeichnete detailliert diverse Plastiken und Baulelemente, die
vermutlich dem Heylshof Darmstadt zugeordnet werden können (ein großformatiges Blatt,
Abt. 186 Nr. 1894).
Margit Rinker-Olbrisch
Worms, im April 2014