Bestandsbeschreibung
Abt. 108 Kirchenbücher
Umfang: 21 Archivkartons (= 70 Verzeichnungseinheiten = 2,5 lfm)
Laufzeit: 1588 - 1919
Zur Geschichte der Abteilung
Die im Wormser Stadtarchiv verwahrten Kirchenbücher und Kirchenbuchkopien gelangten
auf verschiedenen Wegen in das Archiv. Die Bücher der städtischen Pfarreien wurden
zusammen mit den Zivilstandsregistern aus der französischen Zeit (bis 1814) endgültig
aufgrund des Erlasses des hessischen Ministeriums der Justiz vom 16.11.1925 dem Stadtarchiv
einverleibt, einschließlich der Register der Vororte von Hochheim, Leiselheim und
Pfiffligheim. Vorher befanden sich diese in den Bürgermeistereien, da infolge der
Einführung der Zivilstandsregister im linksrheinischen Gebiet unter Napoleon durch
die 'Verordnung über den Zivil-Stand der Bürger' vom 12. Floreal VI (1.5.1798) die
Registerführung auch in Worms den Geistlichen entzogen und den Munizipalitäten übertragen
wurde. Die Kirchenbücher sollten als Vorakten für die Zivilstandsregister in die Registratur
der Mairie abgegeben werden. Für die lutherischen, reformierten und die Kirchenbücher
von Liebfrauen - als einzige katholische Pfarrei - lässt sich die Übernahme durch
einen Aktenvermerk vom 7.8.1798 belegen (Abt. 2 Nr. 177). Die übrigen katholischen
Kirchenbücher waren rechtzeitig vor der Beschlagnahmung an den Zufluchtsort des Wormser
Generalvikariates nach dem rechtsrheinisch gelegenen Lampertheim verbracht worden.
Am 4.9.1802 wurden schließlich die Kirchenbücher von St. Andreas, St. Martin mit Lampertus
und St. Paul vom Pfarrer von Lampertheim an die Munizipalität in Worms abgegeben (Abt.
2 Nr. 177).
Die im Stadtarchiv vorliegenden Kirchenbücher der Vororte wurden in der Regel bei
der Eingemeindung als Bestandteil der Gemeindearchive übernommen. Im reformierten
Kirchenbuch von Neuhausen (Abt. 108 Nr. 23) findet sich ein Übernahmevermerk von August
Weckerling vom 24.4.1898, dem Jahr der Eingemeindung des Ortes nach Worms. Durch Erlass
des hess. Ministeriums der Justiz vom 16.11.1925 wurde die endgültige Übernahme der
Kirchenbücher und der Zivilstandsregister aus der französischen Zeit (bis 1814) dem
Stadtarchiv geregelt und umgesetzt, einschließliche der Register der 1898 eingemeindeten
Vororte (Hochheim, Neuhausen, Pfiffligheim).
Im Jahre 1982 konnte ein katholisches Kirchenbuch von Horchheim (Abt. 108 Nr. 43)
durch das Archiv aus privater Hand käuflich erworben werden.
Zum Inhalt der Abteilung
In der Abt. 108 werden nicht nur Kirchenbücher der lutherischen, reformierten und
katholischen Pfarreien der Stadt Worms aufbewahrt, sondern auch ein großer Teil der
Kirchenbücher der zwischen 1898 und 1969 nach Worms eingemeindeten Vororte (vgl. zu
ihnen Abt. 40 bis 52). Die frühesten Eintragungen weist das Kirchenbuch I von St.
Martin (Abt. 108 Nr. 33) auf, das bis 1588 zurückreicht, während das evangelische
Militärkirchenbuch (Abt. 108 Nr. 51, 1893-1919) zu den wenigen gehört, die im Stadtarchiv
für die Zeit nach 1798 vorliegen. Die Kirchenbücher von Worms sind bis auf das erste
reformierte Kirchenbuch, das im Archiv der Evangelischen Gesamtgemeinde Worms aufbewahrt
wird, sowie das Kirchenbuch von St. Rupert, von dem jedoch eine Kopie vorliegt (Abt.
108 Nr. 38, Original im Dom- und Diözesanarchiv Mainz, Hs. 3/054), als Originale im
Stadtarchiv vorhanden.
Mit Hilfe der in Abt. 108 F vorliegenden Mikrofilme ist ein Einblick in die Kirchenbücher
möglich, die vor der Verfilmungsaktion vom Frühjahr 1986 im Stadtarchiv und im Archiv
der Evangelischen Gesamtgemeinde Worms vorlagen, ergänzt durch Filme der lutherischen
und reformierten Kirchenbücher von Pfeddersheim und des reformierten Kirchenbuches
Pfiffligheim (1730-1826). Für die evangelischen Kirchenbücher - Worms und die Vororte
btreffend -, die im Stadtarchiv nur verfilmt vorhanden sind (es betrifft dies sowohl
Kirchenbücher vor 1798 als auch insbesondere die des 19. Jahrhunderts), wurde eine
besondere Systematikgruppe "5. Nur verfilmte Kirchenbücher" eingerichtet, um einen
möglichst vollständigen Überblick über die vorhandenen Kirchenbuchquellen gewährleisten
zu können. Unter Angabe der kompletten Signatur, d.h. unter Berücksichtigung der Bestandsangabe
"Abt. 108 F" als Bestandteil der Signatur ist der Hinweis auf Lagerort und Überlieferungsform
gesichert. Bei den als Original vorliegenden Kirchenbüchern, die zusätzlich verfilmt
sind, wird in der entsprechenden Rubrik ebenfalls auf die Filmsignatur verwiesen.
Zur Bedeutung der Kirchenbücher als historischer Quelle
Obwohl die Kirchenbücher in erster Linie für genealogische Recherchen genutzt werden,
ist ihre Bedeutung als historische Quellengattung hervorzuheben. Die Wormser Kirchenbücher
wurden in einer Dissertation (Rommel, Die Wormser und ihre Stadt) für den Zeitraum
von 1750 bis 1875 unter demographischen, sozialen und konfessionellen Aspekten wissenschaftlich
ausgewertet. Hier finden sich auch Hinweise auf die Art und Weise sowie die jeweiligen
konfessionellen Besonderheiten der Kirchenbuchführung. Auch in den Kirchenbüchern
der Vororte finden sich zahlreiche chronikalische Notizen.
Findmittel
Neben der detaillierten Übersicht über den Inhalt der Abteilung 108 stehen für die
Kirchenbücher der lutherischen, reformierten und katholischen (hier vor 1700 in einer
gesonderten Serie für die kath. Kirchenbücher) Gemeinden der Stadt Worms seit der
Zeit von August Weckerling (ab 1898) angelegte handschriftliche Kladden zur Verfügung,
in denen alle Eintragungen alphabetisch mit Kurzregesten indiziert wurden. In diesen
werden alphabetisch alle in den Büchern genannten Personen (auch unter Berücksichtigung
verschiedener Namensschreibweisen) mit ihren Daten aufgeführt. Dabei sind nicht nur
die persönlichen Eintragungen (Taufe/Geburt, Heirat, Tod) erfasst, sondern auch die
Fundstellen in den Kirchenbüchern bei Nennung als Pate, Ehepartner, Eltern usw. angegeben.
Außerdem wurden die Kirchenbucheintragungen unter verschiedenen Gesichtspunkten in
weiteren alphabetischen handschriftlichen Kladden ausgewertet (u.a. nach Berufen,
Familienzugehörigkeit, Herkunftsorten). Die Kirchenbücher der Vororte, sind - bis
auf Abenheim, Herrnsheim und Rheindürkheim - ebenfalls in Kladden, Karteien oder Listen
alphabetisch erschlossen. Darüber hinaus liegen noch Veröffentlichungen vor, in denen
einzelne Kirchenbücher ausgewertet wurden, maschinenschriftliche Konfirmationslisten
aus verschiedenen Kirchenbüchern sowie Auszüge aus fremden Kirchenbüchern, in denen
Eintragungen von Bürgern aus Worms und den eingemeindeten Vororten genannt werden.
Hervorzuheben ist auch ein maschinenschriftlicher Auszug aus dem Trau- und Taufregister
der niederländischen reformierten Gemeinde in Frankenthal (1565-1699), in denen Wormser
Bürger aufgeführt werden. Insgesamt kann der Erschließungs- und Verzeichungszustand
der Kirchenbücher als sehr gut bezeichnet werden.
Weitere Bestände
Es soll an dieser Stelle noch auf einen weiteren Bestand des Stadtarchivs verwiesen
werden, nämlich Abt. 215 Familiengeschichtliche Sammlung, in der insbesondere in der
darin integrierten Materialsammlung von Frau Anneliese Göttnauer (Systematikgruppe
02), Auswertungen/Auszüge/alph. Register von Kirchenbüchern, u.a. Neuhausen, Heppenheim
a.d. Wiese mit Offstein, Pfeddersheim mit Pfiffligheim, auch Hofheim (mit Nordheim)
enthalten sind [Hinweis: die Register zu den Vororten von Worms sind im Benutzer-
und im Archivmitarbeiterraum untergebracht]. Frau Göttnauer hat außerdem Forschungsmaterial
und -ergebnisse zu einzelnen Familien zusammengetragen.
Umfangreiche Auswertungen von Kirchenbüchern und Zivil- bzw. Standesamtsregistern
von Westhofen finden sich in der Sammlung von August Hübner (Systematikgruppe 04)
in Abt. 215 zu Familien aus Westhofen.
Informationen zu Kirchenbüchern aus den Bezirken Rheinhessen und Pfalz finden sich
in der online-Datenbank des Landesarchivs Speyer. Hier lassen sich Hinweise auf Lagerorte,
Umfang, Laufzeit und Filialgemeinden entnehmen.
Allgemeiner Hinweis
Für die genealogischen Recherchen ab 1798 sind vorzugsweise die Zivilstandsregister
bzw. ab 1876 die Standesamtsregister heranzuziehen, die nicht nur für Worms, sondern
auch für die eingemeindeten Vororte im Stadtarchiv Worms in Abt. 12 aufbewahrt und
durch jährliche Abgaben fortgeführt werden. Außerdem sind in Beständen einzelner Gemeindearchive
verschiedene Akten vorhanden, die im Zuge der Bildung und Auswertung standesamtlicher
Unterlagen entstanden sind.
Die Eingabe der vorliegenden Daten beruht im Wesentlichen auf dem im Jahre 1996/97
erstellten ausführlichen Findbuch.
Worms, August 2010
Margit Rinker-Olbrisch
Literatur
GÜNTHER, Barbara, Verzeichnis der katholischen Kirchenbücher und Elenchen der Diözese
Mainz sowie der Elenchen des ehemaligen Erzbistums Mainz, Koblenz 1977 (=Veröffentlichungen
der Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz 28)
ROMMEL, Martina, Die Wormser und ihre Stadt 1750-1875. Demographische, soziale und
konfessionelle Aspekte des Wandels von der Ackerbürger- und Fabrikarbeiterstadt, Damstadt
1997 (= Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 107)
Stadtarchiv Worms
(Hintere Judengasse 6, D - 67547 Worms, stadtarchivworms.de)
Stadtarchiv Worms