Bestandsbeschreibung
Abt. 52 - Gemeindearchiv Ibersheim
Umfang: 64 Archivkartons + vier lfm. Urk.z.Rechn. + ein lfm. großform. Amtsbücher
(= zus. 453 VE (davon 141 Bde. Urk.z.R. - 312 VE Augias) = zus. 13 lfm)
Laufzeit: 1805/32 - 1969
Ortsgeschichte
Am Rhein ca. zehn km nordöstlich von Worms gelegen, 766 im Lorscher Codex erstmals
urkundlich erwähnt; früher Bestandteil des Wormser Hochstifts; Lehen der Grafen von
Leiningen, die ab 1285 Teile ihres Lehens an die im Ort ansässige Kommende des Deutschen
Ordens (Ballei Koblenz) verpfändeten; 1465 ging der Besitz an Leiningen zurück; auf
dem Erbweg belehnte der Wormser Bischof 1468 die Kurpfalz mit I., die ab 1481 alleinige
Eigentümerin war; mittelalterliche Pfarrkirche St. Dionysius (nach der Reformation
verfallen); ab 1661 bewohnten aus der Schweiz in die Kurpfalz geflüchteten Mennoniten
als Erbbeständer den Ibersheimer (vorher Deutsch-Ordens) Hof, somit eine der ältesten
Mennonitensiedlungen Deutschlands mit bis heute bestehender Mennonitenkirche; um 1900
ca. 260 Einwohner; 1798 - 1814 französische Herrschaft, ab 1816 Großherzogtum bzw.
Volksstaat Hessen; 1816 Kanton Bechtheim, 1822 Kanton Osthofen, 1835 Kreis Worms,
1848 Regierungsbezirk Mainz, 1850 Regierungsbezirk Worms, 1852 - 1969 Kreis Worms
(1946 Rheinland-Pfalz); Eingemeindung nach Worms zum 07.06.1969
Zum Bestand
Die erhaltenen Archivalien umfassen den Zeitraum von etwa 1805 bis zur Eingemeindung
1969, je zur Hälfte aus der Zeit vor 1945 (kaum Akten, nur Amtsbuchüberlieferung)
und danach (Akten, Amtsbücher).
Noch 1913 konnte der Heimatforscher Trieb in seiner Ortsgeschichte auf die 'interessanten
Urkunden des Gemeindearchivs' zurückgreifen (vgl. Vorwort).
Über den Verbleib der im Inventar der Gemeindearchivalien des Kreises Worms von 1937
angegebenen älteren Archivalien ist nichts bekannt, so dass sie als verloren angesehen
werden müssen. Zu den Verlusten gehört aus Abt. II: Gemarkungsplan aus dem Jahr XI,
Pläne der Hammer Au 1800, 1821, des Rosengartens 1780, 1721; aus IX: Fronden, Hofgerechtigkeiten,
Weiderechte 1615; Abt. X: Inventar über das Vermögen des Pfarrers 1599; Renovation
des Hirschhorner Gutes 1746, 1768; Renovation des Hornbacher Gutes 1608 (Bruchstück),
1773; Morgenbuch 1752; Renovation des Otterberger Gutes 1762; Abt. XXIII: Gesellenbriefe
des Jakob Zimmermann 1778-1782. Offenbar muß das Gemeindearchiv nach 1945 in erheblichem
Maße Verlusten und Zerstörungen ausgesetzt gewesen sein.
Im Zuge der Eingemeindung 1969 bemühte sich das Stadtarchiv Worms um die Aktenübernahme
vor Ort. Eine größere Aktenabgabe kam 1988 zustande, die darüber angefertigte Aktennotiz
lässt erkennen, dass neben Amts- und Gesetzesblättern vor allem Akten nach 1951 sowie
Haushaltsunterlagen nach 1943 bis 1968 übernommen wurden, ebenso die Ratsprotokolle
bis 1964.
Eine weitere Sichtung von völlig verwüsteten und chaotisch, taubenverdreckt aus dem
Zusammenhang gerissenen Akten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts fand im August 1996
und Januar 1997 in der Alten Schule vor Ort statt. Die Unterlagen sind bis heute nicht
benutzbar, es ist unklar, ob eine Ordnung und Strukturierung der Unterlagen überhaupt
jemals möglich sein wird. Es handelt sich um sechs Umzugskartons, seit 2006 gelagert
im Dienstgebäude Adenauerring (Mansarde). Die Umstände, unter denen die Unterlagen
in diesen auch bildlich dokumentierten Zustand gelangt sind, ließen sich nicht mehr
aufklären.
Im Jahre 2008 wurden dem Stadtarchiv über ein Antiquariat Aktenfaszikel mit Provenienz
Gemeindearchiv Ibersheim (v.a. betr. Unterrichtswesen) im Umfang von 130 Schriftstücken
(22 Aktenbündel) angeboten. Angesichts der katastrophalen Überlieferungslage für die
Gemeinde entschloß sich das Archiv zum Ankauf. Die Akten tragen die Nrn. 153-175 und
umfassen im Wesentlichen die Laufzeit 1822 bis 1865, vgl. Näheres in beigefügter Aktennotiz
der Bearbeiterin Frau Rinker-Olbrisch. Die umgehende Verzeichnung der Unterlagen gab
den Anstoß dazu, auch die restlichen, bis dahin gänzlich unbearbeiteten Akten zu bearbeiten.
Im Frühjahr 2009 wurde eine Verzeichnung des benutzbaren Teils des Bestandes vorbereitet.
Es wurden folgende Schritte unternommen:
- Nachbewertung der Akten und Amtsbücher der Zeit nach 1945: Es wurden ca. 60% der
Akten kassiert. Es handelte sich dabei v.a. um Rundschreiben des Landrats mit sehr
wenigen den Ort betreffenden, nicht archivwürdigen Nachrichten. Entsorgt wurden auch
div. landwirtschaftliche statistische Erhebungen. Orts- und zeittypische Akten (Fürsorgewesen,
Kriegsfolgen, Hochwasserschutz etc.) wurden im Bestand belassen. Bewahrt wurden auch
die Unterlagen zum Hofgut Ibersheim, das von der Familie von Heyl nach 1945 verkauft
wurde.
- Die Amtsbücher der Zeit (Geldhandbücher, Grundbücher, Hauptbücher etc.) vor 1945
wurden in eine vorläufige Ordnung gebracht, um so eine Verzeichnung vorzubereiten.
- Durch Unterstützung einer Auszubildenden konnten 140 Bände Urkunden zur Rechnung
der Gemeinde im Zeitraum von 1901 bis 1968, die bereits Anfang 2008 erschlossen worden
waren, nach Augias überführt werden.
- Im Zeitraum von Mai bis August 2009 hat Frau Magdalena Kiefel die restlichen, nach
der Bewertung noch verbliebenen Akten und Amtsbücher vollständig verzeichnet. Es wurde
beschlossen, auch die gut 50% des Bestandes umfassenden Unterlagen der Zeit von 1945
bis etwa 1969/70 im alten Registraturplan von 1908 zu verzeichnen, da sonst zwei Teilbestände
hätten gebildet werden müssen, was bei dem geringen Umfang des Bestandes nicht ratsam
gewesen wäre. Diese Zuordnung führt bei einzelnen Betreffen zu Abweichungen von den
Aktenplangruppen der Entstehungszeit nach 1945, erhöht jedoch die Benutzbarkeit des
Findmittels.
Wichtig ist die Serie der Gemeinderatsprotokolle, die für die Zeit von 1908 bis 1964
vollständig vorliegt. Besonders erwähnenswert sind die Lehrberichte (1932-1963) sowie
die Schülerverzeichnisse (1894-1963, s. Nr. 237, 238, 369) der Volksschule sowie die
Unterlagen zum von der Familie von Heyl bis um 1950 bewirtschafteten Hofgut Ibersheim.
- Im Oktober 2009 in der Ortsverwaltung im Beisein von Ortsvorsteherin K. Sobottka
ausgesondertes Schriftgut der Gemeinde und Ortsverwaltung wurde bis Anfang November
nachverzeichnet, so dass zu diesem Zeitpunkt sicher vor Ort keine archivreifen und
-würdigen Unterlagen mehr vorhanden sind und der Bestand als abgeschlossen bearbeitet
gelten kann.
Insgesamt ist die Überlieferungslage zur Ibersheimer Ortsgeschichte auch nach Ende
der Bearbeitung der Unterlagen extrem schlecht.
Ergänzende Archivabteilungen im Stadtarchiv:
-Abt. 5 Stadtverwaltung Worms 1815-1945
-Abt. 6 Stadtverwaltung Worms nach 1945
-Abt. 59/2 Gewerbeschule/Karl-Hofmann-Schule
-Abt. 185 Familien- u. Firmenarchiv Ludwig C. Freiherr von Heyl
-Abt. 204 Wormser Dokumentation/Sammlung
-Abt. 224 Sammlung Ritscher
-Abt. 230 Gemeindearchiv Eich
-Abt. 231 Gemeindearchiv Hamm
-Abt. 232 Gemeindearchiv Alsheim
-Abt. 233 Gemeindearchiv Gimbsheim
Literatur:
BÖNNEN, Gerold (Hrsg.), Geschichte der Stadt Worms, Stuttgart 2005
SPILLE, Irene (Bearb.), Stadt Worms (Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland.
Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz 10), Worms1992, S. 242 -245
MAHLERWEIN, Gunter, Die Herren im Dorf. Bäuerliche Oberschicht und Ländliche Elitenbildung
in Rheinhessen 1700 - 1850, 1996 (einige Erwähnungen)
TRIEB, Adolf, Ibersheim am Rhein. Geschichte des Ortes seit den frühesten Zeiten,
mit besonderer Berücksichtigung der Mennonitengemeinde, 1913
KONERSMANN, Frank, Das Gästebuch der mennonitischen Bauernfamilie David Möllinger
senior (1781-1817), Alzey 2008
GERLACH, Horst, Mennoniten (u.a. zu Ibersheim)
Ortsentwicklung und Ortserneuerung in Worms-Ibersheim, Erläuterungsbericht (s. Dienstbibliothek)
Worms, im August/November 2009
Magdalena Kiefel / Gerold Bönnen
Stadtarchiv Worms
(Hintere Judengasse 6, D - 67547 Worms, stadtarchivworms.de)
Stadtarchiv Worms