Bestandsbeschreibung
Abt. 49 Gemeindearchiv Pfeddersheim
Umfang: 612 Archivkartons (= 3891 Verzeichnungsinheiten = 89 lfm)
zzgl. knapp 500 Nrn. detailliert erschl. Nachlassinventare u. Vormundschaften
Laufzeit: 1362-1965
Abt. 49 - Gemeindearchiv Pfeddersheim (bis 1945)
Im Vorwort zu vorliegendem Bestand Abt. 49 - Gemeindearchiv Pfeddersheim (bis 1945)
- des Stadtarchivs Worms soll zum einen ein Blick auf die Geschichte des Gemeindearchivs
geworfen und zum anderen sowohl auf die Verzeichnung als auch die Benutzung des Bestandes
eingegangen werden. Auf einen Abriss zur Ortsgeschichte von Pfeddersheim wurde hingegen
verzichtet, da hierzu einige Veröffentlichungen vorliegen und weiterführende Literaturangaben
am Ende dieses Vorwortes gegeben werden.
I. Entwicklung des Gemeindearchivs
Einen ersten genaueren Eindruck über den Zustand der Gemeinderegistratur erhalten
wir durch Schilderungen im Vorwort der Spennalmosenrenovation aus dem Jahr 1728. Unter
dem Einfluss der vorangegangenen unruhigen Zeiten wird auf den aktuellen lückenhaften
Bestand hingewiesen bzw. auf das gänzliche Fehlen von Unterlagen. Diese Einführung
sollte auch dazu dienen, die Bedingungen unter denen die Informationen zu dieser Renovation
von 1728 zusammengetragen wurden, zu erklären. In dieser Quelle finden wir nicht nur
die Bestätigung, dass die Akten im Rathaus aufbewahrt wurden, aus ihr geht auch hervor,
dass in Folge des sog. Pfälzischen Krieges (penultimo bello) viele acta verbrannt
und verloren gegangen sind, sofern sie nicht hinweggeflüchtet werden konnten. Im letzten
Krieg, dem sog. Spanischen Erbfolgekrieg und zwar genau datiert auf den 4. September
1713, als im Ort die große General Fouragierung statt fand und die Franzosen alles
plünderten und die mehreste acta Vom Rath Hauß mit sich geschleppt und im feldt von
sich geworffen, und also zerstreuet, daß mann deren einige da- und dort, auch in den
Stattgräbe[n] gefunden und Hin wiederumb colligirt mithin auf Rath-Hauß in Ver wahr
geben... kam es zu großen Schäden und auch Verlusten. Auch im Schatzungsbuch von 1689
wird das Jahr 1713 genannt, als es während der Plünderung sehr zerrissen wurde. Da
nach den Kriegen die Stadt entvölkert und das Hauptaugenmerk auf den Wiederaufbau
gelegt werden musste, beschäftigte man sich, wie die Renovation zeigt, im Bereich
der Verwaltung zunächst mit der Sicherstellung und Registrierung von Rechten, Besitzverhältnissen,
weniger mit dem Ordnen des Archivs und die Führung der Registraturgeschäfte. Somit
erscheint es plausibel, dass man von Seiten der Regierung es 1736 für nötig befand,
am 23. Februar eine erste Archiv- bzw. Registraturordnung für Pfeddersheim vorzulegen
Nachdeme Mann Bey Churfürstl[icher] Regirung Vor nothig befunden Zuverordn[en] daß
Weille[n] Zu Pfeddersheimb keine Statt Repositur vorhande[n]. In 18 Punkten werden
genaue Anweisungen erteilt, wie die Register geführt und die Unterlagen archiviert
werden sollen, wer dabei mit welchen Aufgaben betraut bzw. wozu befugt ist. So wird
u.a. bestimmt, dass
1. durch zwei Ratsverwandte und den Stadtschreiber die in der Ratsstube sich in großen
Schränken und Kisten sich befindenen Protokolle, Inventarien, Rechnungen und sonstige
Akten gesichtet werden sollen, was nicht mehr dienlich bzw. ständig bei der Hand sein
muss, ausgesondert werden, ein Verzeichnis angelegt und in wohl verschlossene Kasten
an einen wohl verschlossenen Ort verbracht werden soll
2. die Akten und Briefschaften in verschlossenen Kasten nach Rubriken aufbewahrt werden,
um bei Bedarf darin auch weggebracht werden zu können
3. für die Repositur im Bürgermeisteramt ein gemawertes, undt wohl gewölbtes Zimmer
außgesehen werden muss, zu dem
4. ein Ratsverwandter und der Stadtschreiber einen Schlüssel haben und keiner ohne
den anderen selbige Repositur nicht eröffnen noch etwas entnehmen darf.
Des weiteren werden genaue Maßregeln wiedergegeben, betreffend die Handhabung der
Aktenführung, Überprüfung, Protokollführung, auch Fertigung eines Index nach jedem
Jahr.
Wieder waren es Kriegswirren, die die Pfeddersheimer zwangen, wichtiges Schriftgut
über den Rhein auszulagern. Im Gerichtsprotokollbuch 1768-1796 findet sich der Hinweis,
dass Gerichtsbücher wegen Kriegswirren nach Bensheim verbracht wurden. Unter der französischen
Herrschaft wurden die Gemeindeverwaltungen mit weiteren Geschäften betraut, die Beurkundung
von Geburts-, Heirats- und Sterbefällen. Die Zivilstandsregister lösten die vormals
durch die Pfarreien geführten Kirchenbücher ab. Bahnte sich unter den Franzosen schon
ein Zuwachs des Aktenwesens an, kam es unter der hessischen Verwaltung zu einer ‚Papierflut',
die einer diziplinierten Aktenführung und -ordnung bedurfte.
So erging am 30. Oktober 1830 ein Rundschreiben an alle Bürgermeistereien der Provinz,
betreffend "Das Ordnen der Gemeinde-Archive der Provinz" : Da in vielen Bürgermeistereien
auf die Aufbewahrung der Amtspapiere seither nicht die Aufmerksamkeit verwendet worden
ist, welche die Wichtigkeit des Gegenstandes erfordert, und dadurch Lücken in den
Sammlungen entstanden sind, die, wenn sie auch bei alten Bürgermeistern durch das
Gedächtniß ausgefüllt werden konnten, doch bei dem Wechsel von Ortsvorständen besonders
fühlbar werden mußten, so haben wir uns veranlaßt gefunden, folgende allgemeine Vorschriften
zu geben:... Es wird gefordert, dass die Amtspapiere nach genannten Rubriken sortiert
werden, die Akten bis 1830 chronologisch nach Gegenständen geordnet, dann in Kartons
oder Schränken in verschlossenen Lokalen aufbewahrt werden. Jeweils zum 1. Februar
eines jeden Jahres sollen alle Eingänge beigeheftet und die Sammlung vervollständigt
sein. Sollten sich bei Überprüfungen Mängel festellen lassen, müssen diese auf Kosten
der Bürgermeister behoben werden, die auch für den Verlust von Aktenstücken haftbar
gemacht werden.
Eine solche Visitation wurde auch am 13. September 1838 durch Kreisrat Eduard Staedel
durchgeführt. Wie schon ein Jahr zuvor, als ein einheitlicher Aktenplan für die hessischen
Bürgermeistereien eingeführt wurde, kritisierte er die mangelhafte Ordnung der Registratur
und die schlechte Führung der Bürogeschäfte in Pfeddersheim. Da trotz mehrfacher Ermahnung
innerhalb des vergangenen Jahres kaum ein Anfang damit [der Ordnung] gemacht worden....,
verpflichtete das Kreisamt den Bürgermeistereischreiber Peth aus Bermersheim für die
Ordnung des Gemeindearchivs in Pfeddersheim. Dieser nahm seine Arbeit am 18. September
1838 auf. In dem regen Schriftverkehr (Auseinandersetzungen) über die Bezahlung Peths
- er sollte auf Verfügung des Kreisrats aus eigenen Mitteln des Bürgermeisters bezahlt
werden -, stellt Bürgermeister Tobias Schiffer u.a. die Verhältnisse vor Ort entschuldigend
dar ... indem das Ordnen einer Gemeinde-registratur, namentlich einer solchen wie
hiesige, die außer jener von Worms im ganzen Kreise die stärkste sein wird, und in
welcher die Acten in der größten Unordnung waren, und so bei meinem Amtsantritte vor
zwei Jahren angetroffen habe, ja ein großer Theil derselben erst bei der vollständigen
Räumung des alten Gemeindehauses, und aus ganz kurzer Zeit vor dem Eintreffen von
Peth, theils unter dem Dache ??? d[es] des Speichers, theils hinter den Schornsteinen,
wohin sie nach eingezogenen Erkundigungen, vor 10-12 Jahren als eine Gültenrenovation
hier vorgenommen werden sollte, versteckt worden waren aufgefunden worden sind....
Außerdem habe der Bürgermeistereischreiber Pierson die neueren Akten, welche von 1790
bis incl. 1838 erwachsen waren, bis zum Überschreiben der Convoluten und Faszikeln
schon geordnet gehabt und Peth bei der Bearbeitung des Archivs unterstützt. Für die
Unterbringung der Unterlagen des Archivs der Bürgermeisterei Pfeddersheim fertigte
der Schreinermeister Joseph Diehm ein Bücher-Repositorium.
Dr. Georg Lange, Lehrer am Gymnasium in Worms, erstellte im Frühjahr 1839 ein Verzeichnis
über die Urkunden der Stadt Pfeddersheim, in dem er in drei Abteilungen
I. kaiserliche und königliche Originalurkunden,
II. Vidimus oder Transumpte kaiserlicher Urkunden und
III. Vermischte Urkunden,
alle mit Kurzregest, aufführt. Bei einem weiteren Verzeichnis, das vermutlich auf
Anordnung der Haus- und Staatsarchiv-Direktion am 22. Mai 1855 gefertigt wurde, handelt
es sich im Wesentlichen um eine Abschrift des vorgenannten. Ferner findet sich der
Hinweis, außer den obigen Urkunden befinden sich auch noch geschriebene und gebundene
Bücher in dem hiesigen Bürgermeisterei-Archive, in alter Schrift, welche zu entziffern
mir nicht möglich ist. Die Urkunden wurden nach Auftrag vom 27. Juli 1857 zur Sichtung
in das Haus- und Staats-Archiv nach Darmstadt verbracht.
Es liegen ferner zwei weitere Inventare über die der Gemeinde Pfeddersheim gehörigen
Mobilien, Akten und Register vor, die bei den jeweiligen Amtswechseln der Bürgermeister
(1843 von Tobias Schiffer an Amtsnachfolger David Möllinger, 1845 von David Möllinger
an Simon Hartmeier) aufgestellt wurden. Hierin werden die verschiedenen Protokollbücher,
Rechnungen, Register, Sektionsverzeichnisse etc. des laufenden Geschäftsbetriebes
genannt. Auch die alten katholischen und evangelischen Kirchenbücher befanden sich
demnach in der Bürgermeisterei, wohin sie wie in allen Gemeinden gemäß Anordnung der
französichen Regierung vom 1. Mai 1798 als Vorakten der zivilen Personenstandsregister
verbracht worden waren.
Im Jahr 1879 wurden noch einmal auf Vermittlung von Dr. Koehl Urkunden an das Haus-
und Staatsarchiv Darmstadt ausgeliehen und u.a. das Privilegienbuch durch Archivrat
Arthur Wyß gesichtet, wie aus einem Schreiben von Dr. Freiherr Schenk zu Schweinsberg
vom 6. November 1903 hervorgeht, in dem er auf die fälschlicherweise erhobenen Vorwürfe,
man habe während dieser Urkundenausleihe in Darmstadt die Siegel entfernt, kurz eingeht.
Im Zuge der geplanten Veröffentlichung eines Werkes über die Kunstdenkmäler im Großherzogtum
1882, wurde ein Fragebogen an die Gemeinden versandt. Als Auskunft über das Gemeindearchiv
wurde erteilt: Die Gemeinde hat ein Archiv, das selbe ist geordnet jedoch nicht mit
Inhaltsverzeichnissen versehen, es sind alte Urkunden vorhanden und auch alte Handschriften,
auch alterthümliche Einbände, alte Gemeinde- und Hospitalrechnungen.
Es zeigt sich, dass von Seiten der Regierung immer wieder Erhebungen, Sichtungen von
bedeutenden Archivalien in den Gemeinden vorgenommen wurden. So kam es in Ausführung
des Denkmalschutzgesetzes, das auf die Archivalien ausgedehnt wurde, dass der Gemeinderat
Pfeddersheim unter Vorsitz des Kreisrats Dr. Kayser am 25. September 1903 den Beschluss
fasste, daß die hier vorgefundenen alten Urkunden und Bücher pp. Behufs Durchsicht
und Ausarbeitung nach Worms verbracht werden sollen. Das Eigentumsrecht der Gemeinde
Pfeddersheim an diesen Gegenständen bleibt jedoch ausdrücklich vorbehalten. Der Historiker
Prof. Daniel Bonin wurde durch das Kreisamt beauftragt diese Arbeit durchzuführen.
Er lieh, wie verschiedene handschriftliche Verzeichnisse von April bis Juli 1904 zeigen,
Urkunden, Akten und Amtsbücher aus, verbrachte sie zur weiteren Sichtung in das Kreisamt
in Worms. Als Ergebnis seiner Arbeit, die durch den Wormser Archivar Dr. August Weckerling
unterstützt und durch Cornelius Wilhelm von Heyl finanziert wurde, wurde das Urkundenbuch
der früheren freien Reichsstadt Pfeddersheim im Jahr 1911 veröffentlicht.
Durch das Ministerium des Innern wurde am 4. August 1913 eine Dienstanweisung über
die Urkundenpflege für die Bürgermeister der Landgemeinden und die Vorstände der weltlichen
öffentlichen Stiftungen in Hessen erlassen, durch die die Aufbewahrung und Einsichtnahme
in die Archivalien geregelt wurde, insbesondere die im Auftrage des Staatsarchivs
beabsichtigte Inventarisierung der Archive. Vermutlich verzögerte sich diese Inventarisierung
durch den Kriegseinbruch, so dass erst im Jahre 1921 der Wormser Lehramtsassessor
Dr. Hermann Schmitt vom hess. Staatsarchiv mit der Verzeichnung des Pfeddersheimer
Archivs betraut wurde. Offensichtlich waren die von Bonin in das Kreisamt verbrachten
Archivalien bis zu diesem Zeitpunkt noch dort gelagert und wurden im Sommer 1921 für
die Bearbeitung durch Schmitt nach Pfeddersheim zurückgeholt. 1937 erschien schließlich
das durch das Hess. Staatsarchiv herausgegebene Gesamtverzeichnis Inventare der Gemeindearchive
des Kreises Worms, bearbeitet von Prof. Dr. Wilhelm Martin Becker. Als zeitlicher
Einschnitt wurde das Jahr 1816 gesetzt, d.h. es wurden die Archivalien bis einschließlich
der Zeit des Alten Reiches und der der frz. Verwaltung aufgenommen.
Der ab 1. April 1908 eingeführte Registraturplan für die Großherzoglich Hessischen
Bürgermeistereien, der nur geringe Abweichungen zu dem von 1837 aufweist, diente bei
der Strukturierung auch hier als Systematik für die alten Urkunden- und Aktenbestände.
Den zweiten Weltkrieg überstand der größte Teil des Altbestandes des Pfeddersheimer
Archivs nahezu unbeschadet. Laut Gemeinderatsprotokoll vom 25. September 1949 wurde
das Archivgut, nachdem es in Kisten verpackt und seit Jahrzehnt kaum betreut worden
war, nach dem Krieg unter Aufsicht von Dr. Friedrich Maria Illert in seiner Eigenschaft
als Denkmalpfleger durch Geschichtsassessor Willi Alter gesichtet und geordnet. Im
Rahmen dieser Arbeit verfasste Alter eine Ortsgeschichte von Pfeddersheim, die 1951
veröffentlicht wurde. Im Rahmen einer Feierstunde verbunden mit einer Urkundenausstellung
wurde schließlich das neu ausgebaute Archiv der Stadt Pfeddersheim am 25. September
1949 in Anwesenheit von Bürgermeister Schmitt, dem Kreisdeligierten Lorenz und Cap.
Souton, Ober-Reg.Rat Güngerich in Vertretung für den Regierungspräsidenten, Landrat
Schick, Oberbürgermeister Völker und Kreisamtmann Lang eingeweiht. Den Archivraum
hatte der Pfeddersheimer Kunstmaler Eugen Schilling mit Wappenbildern und einem Wandbild
nach dem Merianschen Stich aus dem Jahr 1648 ausgemalt.
II. Archivübergabe an das Stadtarchiv Worms / Aktenübernahme
Im Zuge der Verwaltungsreform wurde Pfeddersheim 1969 in die Stadt Worms eingemeindet.
Zur Sicherstellung und zum Schutz der Gemeindearchive, wurde durch das Staatsarchiv
Speyer, heute Landesarchiv Speyer, auch die Gemeindeverwaltung Pfeddersheim mit ihrem
Schreiben vom 23. Mai 1969, darüber informiert, dass das Gemeindearchiv unbedingt
im Archiv der Stadt Worms aufbewahrt werden muss, als selbständiger und nicht zu vermischender
Archivbestand. Die genaue Vorgehensweise für den Umzug, Verpackung, Beschriftung etc.
des Archivgutes wurde festgelegt, ebenso gab es Anweisungen für die Gemeinderegistratur
und die Abgabe von Druckschriften. Die Leitung des Stadtarchivs Worms sichtete am
16. Juli 1969 das Gemeindearchiv Pfeddersheim, nahm den Bestand auf (38 Urkunden,
4 m Gerichts- und Schatzungsbücher, sowie 21 m Akten aus kurpfälzischer Zeit, 4 m
Akten des 19. Jh., für die Zeit 1920-1945 Aktenbestand von 18 m). Die Zivilstands-
bzw. Standesamtsregister lagen lückenlos ab 1798 bis 1969 vor. Sowohl für den Bereich
des 19. Jahrhunderts als auch den vor 1945 wurden umfangreiche Aktenvernichtungen
vermutet.
Im Sommer 1970 wurde das Gemeindearchiv Pfeddersheim nach Worms verbracht, wobei nach
der Aufstellung einige Verluste gegenüber dem älteren Zustand (Inventar Becker) festgestellt
wurden. Sowohl am 25.11.1976 (Geschäftsführung, Schätzungen, Vormundschaften, Sterbefallanzeigen)
als auch am 6.6.1977 (Akten über Ausschusssitzungen) wurden aus der Altregistratur
der Gemeindeverwaltung Akten ab 1954 übernommen. Mit letzter Abgabe gelangten auch
Akten der Stiftung Hospital Worms-Pfeddersheim (Aktenplangruppe 950-00 Stiftungen
- Allgemeines - vom 5.5.1936 - 19.12.1969) an das Stadtarchiv. 1980/81 erfolgte eine
erneute Sichtung von Aktenmaterial, das sich in einem ungenutzten Raum im obersten
Stockwerk des Pfeddersheimer Rathauses befand. Es handelte sich um Rechnungen und
Urkunden, lose zusammengefasste Bündel von Akten verschiedenen Inhalts, aber auch
Akten des 19. Jahrhunderts, die mit Originalschürzen der Bürgermeistereiverwaltung
versehen waren. Kassiert wurden Druckschriften. Eine Übernahme nach Worms erfolgte
jedoch erst im Dezember 1988. Gleichzeitig wurden Akten der Altregistratur von Pfeddersheim
übernommen, die nach der Eingemeindung nicht mehr benötigt und fortgeführt worden
sind.
III. Verzeichnung
Das 1970 übernommene Schriftgut wurde nach dem Bär'schen Prinzip in den 70iger Jahren
verzeichnet. Dabei wurden in der Regel bei Amtsbüchern und Protokollen deren Titel
übernommen, z. Teil auch nur Kurztitel verwendet wie z.B. Ratsprotokoll. Kurpfälzische
Akten waren - wie bei der Übernahme vermutlich auch vorgefunden - in hessischen Aktenschürzen
nach dem hess. Aktenplan von 1837 bzw. 1908 eingegliedert. Die großen Einheiten, in
denen sich kleinere Faszikel befanden, wurden bei der Verzeichnung als Einheit belassen,
die einzelnen Aktentitel jedoch im Findbuch mit übernommen. Laufzeiten wurden nur
festgehalten, wenn sie auf dem Archivgut schon vorher angegeben waren. Die erste Verzeichnungsarbeit
umfasste 454 Einheiten, die Urkunden wurden nicht neu verzeichnet.
Ein besonderes Augenmerk wurde 1984 durch Frau Dr. Irene Spille in Vorbereitung zu
einer im Sommer 1984 im Pfeddersheimer Kirchturm vom Arbeitskreis für Kultur- und
Landschaftspflege Worms-Pfeddersheim e.V. veranstalteten Ausstellung, auf die Akte
(Altsignatur: Abt. 49 Nr. 236) betr. die Juden in Pfeddersheim, gelegt. Sie verzeichnete
das aus 254 Blättern bestehende Aktenbündel in Einzelblattaufnahme. Dabei fertigte
sie Kopien, da die Originalakte Schäden durch Schimmelbefall aufweist. Heute trägt
die Originalakte die Signaturen Abt. 49 Nr. 3447 - 3450, untergliedert mit in Klammern
gesetzten Unternummern. Die Kopien, die für die Benutzung vorzuziehen sind, tragen
die Nr. 39.....
Eine Neuverzeichnung der Abt. 49 wurde 1992 in Angriff genommen. Ziel war eine detaillierte
Aufnahme des schon verzeichneten Bestandes und die Neuaufnahme des noch nicht verzeichneten,
im Außenmagazin Adenauerring zwischengelagerten Aktenmaterials von Pfeddersheim. Auch
dieser Verzeichnungsarbeit wurde das Bär'sche Prinzip zugrunde gelegt, wobei sich
wegen Auflösung der großen Einheiten zwangsläufig eine Neunummerierung ergab. Eine
Konkordanz zwischen Alt- und Neusignatur wurde deshalb angelegt und ist diesem Findbuch
angehängt. Die Titelaufnahme wurde zunächst auf Karteikarten begonnen, bevor im Jahr
2001 das Archivprogramm AUGIAS eingeführt wurde. Die bis zu diesem Zeitpunkt angelegten
Karteikarten wurden in AUGIAS übertragen, die weitere Verzeichnung dirket in AUGIAS
fortgesetzt.
Für die Systematik wurde der Aktenplan von 1908 zugrunde gelegt. Er erwies sich jedoch
in manchen Fällen als unbefriedigend, da Betreffe von Akten aus der kurpfälzischen
Zeit thematisch nicht darin berücksichtigt werden. So mussten zum Teil eigene Aktenplanuntergruppen
gebildet werden (z.B. betr. Gülten, Bede, Zunftwesen usw.). Bei der Verzeichnung fiel
auf, dass kurpfälzische und hessische Akten Beschriftungen aus späterer Zeit (20.
Jh.) tragen. Innerhalb von Faszikeln wurden meist mit Bleistift Sachbetreffe, erläuternde
Kurzbetreffe oder Daten auf Papiernotizblätter, die als unterteilende Schürzen dienten,
oder auch auf Aktenstücke direkt eingetragen waren.
Bei der Verzeichnung von Rechnungsserien der Gemeinde und des Hospital- und Spenalmosens
wurden auch dann Einzelnummern vergeben, wenn von einem Jahrgang mehrere Ausgaben
einer Rechnung vorhanden waren, z.B. Duplikat und/oder Revisionsexemplar. Für die
Einzelaufnahme sprach zum einen, dass es vorkam, dass eines der Exemplare durch Schimmelbefall
betroffen sein konnte - was sich bei der Verzeichnung leider öfters als richtig erwies
- und deshalb ein gesonderte Aufbewahrung unabdingbar war oder, dass geringfügige
Abweichungen auftreten können, was Stichproben bestätigten. Somit bleibt durch die
getrennte Nummernvergabe jedes Exemplar eindeutig zitierbar.
Besonderer Verzeichnung bedurfte der Urkundenbestand von Pfeddersheim, der nun als
Abt. 49-U - seiner Bedeutung Rechnung tragend - einen eigenen Bestand bildet. Er umfasst
58 Urkunden, die in einem säurefreien Archivkarton für Urkunden aufbewahrt werden.
In AUGIAS erfasst, mit einem eigenen Index versehen, wurde ein Findbuchausdruck vorliegendem
Repertorium beigefügt. Wegen der aussagekräftigen Informationen der Nachlassinventare
wurden diese schon früh in dem damals vorhandenen Dateiprogramm F&A der Stadtverwaltung
erfasst, dabei für die detailliertere Aufnahme mit Unternummern versehen, und 2003
in eine Word-Liste übertragen. Diese wurde ebenfalls als gesondertes Verzeichnis diesem
Findbuch beigelegt.
Für die Benutzung muss darauf hingewiesen werden, dass bei der Verzeichnung Nummern
vergeben wurden, die den Zusatz ‚NF' für ‚neu formiert' tragen. D.h. es fanden sich
bei dem unverzeichneten Material Kisten mit lose-Blatt-Sammlungen, gleichwie als Ablagestapel
von Schreibtischen entnommen. Auffallend war, dass diese, aus ihrer Laufzeit ersichtlich,
vorwiegend aus Krisenzeiten stammten, also vieles aus den Jahren um 1848/50 und den
Jahren 1917- 1925. In mühsamer Arbeit wurden die Einzelblätter thematisch unter Zugrundelegung
des Aktenplans von 1908 sortiert, in ca. 360 Einheiten zusammengefasst und mit NF-Vermerk
versehen. Sie sind also als nicht organisch erwachsene Unterlagen zu werten.
Der vorliegende Bestand Abt. 49 umfasst ca. 3900 Archiveinheiten (zuzüglich knapp
500 durch detaillierte Aufnahme der Nachlassinventare und Vormundschaften entstandene
Unternummern). Die Akten wurden liegend, Rechnungsserien stehend, in 612 Archivkartons
umgebettet, 89 laufende Meter umfassend.
Für die Zeit des Alten Reiches ist die Überlieferung sehr dicht, wodurch gerade dieser
Bestand reiche Quellen - im Gegensatz zu der Wormser Überlieferung - für die Erforschung
der frühneuzeitlichen Jahrhunderte, birgt. Frühe Aufzeichnungen, meist Amtsbücher
finden sich für die Bereiche Justiz- und Finanzwesen (z.B. Gerichtsbücher ab 1448
, Untergangbuch 1530-1613). Die Aufarbeitung der jüngeren Stadt- bzw. Ortsgeschichte
wird erheblich durch die Tatsache erschwert, dass offensichtlich unkontrollierte und
umfangreiche Vernichtungen von Material des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
vorgenommen worden sind.
Bei der Neuverzeichnung wurden keine Kassationen vorgenommen. Lediglich eine Kirchenrechnung
von Beerfelden (Odenwald) von 1553 wurde am 10. Oktober 2003 zuständigkeitshalber
an das Staatsarchiv Darmstadt übergeben, um interessierten Forschern dort Gelegenheit
zur Benutzung zu geben.
Mit Sperrvermerk aus Datenschutzgründen wurden nur wenige Akten aus dem Bereich der
sozialen Fürsorge versehen.
IV. Erhaltungszustand
Der Erhaltungszustand des Gemeindearchivs von Pfeddersheim ist zum großen Teil als
gut zu bewerten. Allerdings finden sich etwa 200 Stücke, die meisten (darunter viele
Rechnungsbücher) aus dem 19. Jahrhundert, die mehr oder weniger von Schimmel befallen
bzw. versport sind. Diese wurden, um einer Ausbreitung auf ‚gesundes' Material vorzubeugen,
in gesonderten Kartons zusammengefasst, die entsprechend gekennzeichnet wurden.
Es liegen einige alte Register vor, die durch ihre kunstvollen Einbände, teils mit
Beschlägen, auffallen. Hervorgehoben werden müssen auch ca. 40 Amtsbücher und Protokolle,
die in Pergamenttexten aus dem 14./15. Jahrhundert eingebunden sind. Hier wäre eine
genaue Erforschung des Inhalts und der Herkunft der Schriften notwendig.
V. Tipps zur Benutzung des Bestandes
Aktenplangruppe XV
In den Rechnungsurkunden befinden sich oft verschiedene Hebregister als Anlage, die
sowohl u.a. in den Bereich von Aktenplangruppe IX., Finanzwesen, fallen, als auch
Schulgeldlisten umfassen können (Aktenplangruppe XIV). Ferner finden sich bei den
Gemeinderechnungen zeitweise im Verbund Rechungen der Gemeindekrankenkasse (d.h. Überschneidungen
mit Aktenplangruppe XXIV).
Die Rechnungsbelege, sei es der Gemeinderechnungen, des Hospitals oder des Spennalmosens
bieten zahlreiche Hinweise, z.B. über Baumaßnahmen, Anschaffungen etc., die für Recherchen
hilfreich sein können.
In Akten den Kanton Pfeddersheim betreffend finden sich Informationen, oft Statistiken,
zu Gemeinden des Kantons.
VI. Ergänzende Archivbestände
1. Stadtarchiv Worms
- Abt. 12 Standesamt
(Zivilstandsregister Pfeddersheim 1798 - 1875)
- Abt. 32 Friedensgericht Pfeddersheim
- Abt. 43 Leiselheim
(zum Rechnungswesen der israelitischen Religionsgemeinde Pfeddersheim (1875 - 1893,
Abt. 43 Nr. 170-174, Nr. 667-676)
- Abt. 77/4 Gesangverein 1845 Pfeddersheim
- Abt. 204 Zeitgeschichtliche Sammlung
Nr. 22 Vororte, hier: Pfeddersheim
Nr. 44/12 Vereine Pfeddersheim
- Abt. 108 F verfilmte Kirchenbücher, hier: Pfeddersheim
(Originale im Zentralarchiv der Ev. Kirche in Hessen und Nassau, Darmstadt)
2. Staatsarchiv Darmstadt
- A2, Urkunden der ehemaligen Provinz Rheinhessen
- C4, Gerichtsbücher
Obligationenbuch, Pfeddersheim (zwei Einheiten, 1769-1797)
3. Landesarchiv Speyer
- Notariate Pfeddersheim
4. Generallandesarchiv Karlsruhe
Akten zur kurpfälzischen Zeit
VII. Edierte Quellen
Aus Beständeübersicht - Bonin
VIII. Literatur
Aus Beständeübersicht
Spille, Irene, Juden in Pfeddersheim im 19. Und 20. Jahrhundert, Worms 1999 (in: Wormsgau
Bd. 18 S. 179-220); 1250 Jahre Pfeddersheim, 2004
VERZEICHNUNGSNACHTRAG
Im Juni 2013 wurden die in einem besonderen Verzeichnis detaillierter aufgenommenen
Titelaufnahmen der Nachlassinventare in das Augias-Archivprogramm konvertiert und
direkt in den Bestand Abt. 49 integriert. Das nachfolgende nahezu unveränderte Vorwort
informiert über die Bedeutung dieser Quellengattung.
In vorliegendem Bestand Abt. 49 des Stadtarchivs Worms finden sich 48 Faszikel (Nr.
471 - 519), die vorwiegend Nachlassinventare beinhalten. Diese wurden in der Regel
aufgestellt, wenn eine Person verstarb und das Vermögen für die Erbberechtigten aufgenommen
werden musste. Nicht selten kam es vor, dass für Kinder aus verschiedenen Ehen die
Anteile aus den jeweiligen Vermögensmassen gesichert werden mussten. Für minderjährige
Kinder wurden Vormünder für die Pflegschaft eingesetzt. Auch bei einer erneuten Eheschließung
des hinterbliebenen Partners sollte der status quo des Erbes für die Nachkommen ermittelt
werden. Neben den Nachlassinventaren sind auch Erbteilungen, Testamente und weitere
vertragliche Vereinbarungen in den Akten vorhanden.
Die rund 450 Nachlassinventare zwischen (15)95 und 1797 wurden detaillierter ausgewertet.
Dabei wurden besonders verwandtschaftliche Verknüpfungen berücksichtigt. Ausgehend
von dem Erblasser bzw. der Erblasserin, wurden der nachgelassene Partner bzw. der
schon verstorbene Partner ausgeworfen, sowie die hinterlassenen Kinder oder andere
genannte Begünstigte. Weitere Informationen, z.B. erneute Eheschließungen des überlebenden
Partners, Angaben über den Familienstand der Kinder (wenn eine Tochter verheiratet
war, wurde i.d.R. deren Ehepartner genannt, bei Söhnen wurden meist nur Angaben wie
‚ledig' oder ,verheiratet' gemacht) wurden wiedergegeben. Außerdem finden sich Hinweise
auf neue Wohnorte, vereinzelt auf Auswanderungen, ebenso auf ausgeübte Berufe. Es
bergen sich nicht nur für die Familienforscher interessante Angaben in den Inventaren,
sondern auch Informationen, die über soziale und wirtschaftliche Verhältnisse, Besitzverhältnisse
Auskunft geben.
Die Nachlassinventare sind in enger Verbindung mit den Vormundschaftsakten (Abt. 49
Nr. 522 bis 544), in denen die Verwaltung des Vermögens für die unter Vormundschaft
gestellten Nachkommen festgehalten wird, zu betrachten. Auch hier sind in Einzelfällen
Testamente, Teilungsverträge und Nachlassinventare zu finden.
Hinweis für die Recherche:
die unterschiedlichen Schreibweisen der Namen (z.B. Hofmann / Hoffmann, Seltzer /
Selzer) wurden in der Regel beibehalten. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass sowohl
bei den ‚genauen' Angaben des Todestages eine Überprüfung in den Kirchenbüchern notwendig
ist als auch bei den ‚circa'-Angaben.
Hinweis - Zur Bedeutung der Nachlassinventare und Vormundschaftsakten als Quellengattung
vgl.:
Stein, Wolfgang Hans, Die Archive des Departements Donnersberg. Eine Möglichkeit,
die Methoden der französischen Sozialgeschichte für die deutsche Landesgeschichte
nutzbar zu machen, in: Vom Alten Reich zu neuer Staatlichkeit. Alzeyer Kolloquium.
Kontinuität und Wandel im Gefolge der französischen Revolution am Mittelrhein, Wiesbaden
1982 (Geschichtliche Landeskunde 22) S. 152-177.