Bestandsbeschreibung
Abt. 47 Gemeindearchiv Wiesoppenheim (vor 1945)
Umfang: 73 Archivkartons u. 9,5 lfm Amtsbücher (= 571 Verzeichnungseinheiten = 22,5
lfm)
Laufzeit: 1710 - 1945
Zur Ortsgeschichte
Ca. sechs Kilometer südwestlich von Worms, auf der Südseite des Eisbaches gelegenes
Straßendorf. Urkund-lich wird der Ort erstmals am 22. Mai 793 in einer Schenkungsurkunde
im Lorscher Codex genannt. Durch die ganze Geschichte ist Wiesoppenheim aufs Engste
mit dem Schicksal seiner westlichen Nachbarn Horchheim und Weinsheim verbunden. Die
drei Eisbachtalgemeinden waren stets von den historischen Ereignissen imnahe gelegenen
Worms besonders betroffen. Die Bischöfe von Worms waren nun sowohl die geistlichen
Herren ihres Bistums als auch die weltlichen Fürsten des Hochstifts, zu dem auch die
Gemeinden Horchheim, Weinsheim und Wiesoppenheim zählten. 1525 kam es im Bauernkrieg
in der unmittelbaren Umgebung von Wiesoppenheim zu einer blutigen Auseinandersetzung.
Wegen Zerstörungen und Personenverlusten verschlechterte sich die wirtschaftliche,
rechtliche und politische Situation des Bauernstandes. Im Dreißigjährigen Krieg hielten
sich schwedische und französische Truppen um Wiesoppenheim auf. In den Rechnungen
findet man Namensverzeichnisse der Bewohner von Wiesoppenheim, die verpflichtet waren,
Unterkunft und Verpflegung für die Soldaten und Tiere zu stellen. Brandschatzungen
und Plünderungen sowie die Pest zogen Wiesoppenheim in Mitleidenschaft. Noch 50 Jahre
später hatten sich die Gemeinden von den Folgelasten des Krieges nicht richtig erholt.
Anfang des 18. Jh. kam es zwischen dem Wormser Bischof Franz Ludwig, aus dem Hause
Nassau-Weilburg und der Kurpfalz zu einem Tauschvertrag. Während einige Dörfer zur
Kur-pfalz übergingen, kehrten Horchheim, Weinsheim und Wiesoppenheim wieder in das
alleinige Ei-gentum des Hochstiftes zurück. Damit hatte man 1706 wieder die rechtlichen
Verhältnisse geschaffen, wie sie unter dem Bischof Burchhard I. waren. 1792 wurde
der Südwesten wieder erneut in den Krieg verwickelt, als französische Revolutionsheere
das linke Ufer besetzten. Wieder kam es zu Plünderun-gen und Tributleistungen an Geld
und Naturalien. Das spätere Rheinhessen und die Kurpfalz bildeten das Departement
Donnersberg zu dem auch die 24 Gemeinden Rheinhessens gehören. Verwaltungsre-form
und wirtschaftlicher Aufschwung in der Landwirtschaft prägten das Leben der Menschen.
Im deutsch-französischen Krieg starben 12 Soldaten aus Wiesoppenheim auf den Schlachtfeldern.
Zur Erinnerung an diese Kriegsopfer errichtet der Krieger- und Soldatenverein ein
Ehrenmal vor dem Rathaus, das 1878 eingeweiht werden konnte (s. Nr. 0332, Nr. 0439).
Nach der Niederlage Napoleons kam Wiesoppenheim zum Großherzogtum Hessen. Die ersten
Jahre der Zugehörigkeit verliefen sehr turbulent. Denn die Großherzogliche Hessische
Regierung der Provinz Rheinhessen mußte sich mit schweren, gegen den Bürgermeister
Stahl gerichteten Vorwürfen, auseinandersetzen (s. Nr. 008). 1816 Kanton Pfeddersheim,
1835 Kreis Worms, 1848 Regierungsbezirk Mainz, 1850 Regierungsbezirk Worms, 1852 -
1969 Kreis Worms (1946 Rheinland-Pfalz); Eingemeindung nach Worms zum 07.06.1969
Die Existenz einer Pfarrkirche wird erstmals im Jahre 1234 erwähnt, als das Wormser
Domkapitel dem Dompropst Nibelung mit Erlaubnis des Bischofs die Patronatsrechte überließ.
Einen eigenen Pfarrer hatte die Pfarrei nicht. Die Pfarrei Wiesoppenheim und Weinsheim
wurden zu Horchheim zugeordnet. Erst 1926 auf Antrag des Kirchenvorstandes wurde die
Pfarreifiliale zur selbständigen Pfarrei erhoben. Die kath. Pfarrkirche St. Martin
wurde im Jahre 1875/76 anstelle der uralten Kirche erbaut (s. Nr. 0051, Nr. 0059).
Im Jahre 1825 lebten in Wiesoppenheim 395 Einwohner. Die Bevölkerung wuchs bis 1900
auf ca. 780 Einwohner, und Betrug im Jahre 2000 1695.
Infolge der am 07.06.1969 erfolgten Eingemeindung nach Worms kam das Archivgut der
Gemeinde in das Stadtarchiv. Der Bestand war bereits durch ein vorläufiges Verzeichnis
(Grobverzeichnis) erschlossen. Laut Mitteilung des großh. hess. Haus- u. Staatsarchiv
Darmstadt an die Bürgermeisterei Wiesoppenheim wurde Dr. Schmitt, Lehramtsreferendar
in Horchheim, mit der Ordnung u. Verzeichnung des Gemeindearchivs Wiesoppenheim beauftragt
, 26.08.1914 (s. Nr. 0071). 1930 wurde eine Abschrift vom Verzeichnis des Gemeindarchivs
der Gemeinde zugesandt, 23.09.1930 (s. Nr. 0080).
Im November 2008 wurde mit der Verzeichnung begonnen. Die Laufzeit von Teil I., dessen
Gliederung dem Registraturplan von 1908 entspricht, reicht von 1701 bis 1945. Akten
mit Laufzeitbeginn nach 1945 bis zur Eingemeindung befinden sich in der neu eingerichteten
Abt. 47-N.
Besonders erwähnenswert sind Gemeinderatsprotokolle 1780-1835, 1884-1921(Nr. 0001,
Nr. 0052); Karte der Gemarkung (vier Teile, 1753, s. Nr. 0017); Schatzungsregister
von 1778; Prozeßakten, Testamente, Inventare, Vormundschafts- und Hinterlassenschaftssachen
(1710-1796); Gesuch betr. Wiederherstellung der Pfarrei in Wiesoppenheim ab 1742,
1752 (Nr. 0009); kath. Kirchenbücher 1662-1798 (drei Bde., nach dem Inventar von 1937
Bestandteil des Gemeindearchivs, jetzt in Abt. 108 Nr. 47); Renovation des Stifts
St. Paulus 1701, 1752 (Nr. 0006, Nr. 0012). Als fasst lückenlose Serien sind die Gemeinderechnungen
über Einnahmen und Ausgaben und die dazu gehörende Belege ab 1781. Der Teil I. des
Bestands umfasst nach dem Abschluss dieser Arbeit 501 Verzeichnungseinheiten, die
in 67 Archivkartons aufbewahrt werden. Die Akten befinden sich in gutem Zustand, einige
Akten sind mit Sperrvermerk versehen.
Ergänzende Archivabteilungen im Stadtarchiv
-Abt. 5 Stadverwaltung Worms 1815-1945
-Abt. 204 Wormser Dokumentation/Sammlung Nr. 22
-Abt. 42 Gemeindearchiv Horchheim
-Abt. 46 Gemeindearchiv Weinsheim
-Abt. 30 Kreisamt Worms
Literatur
BÖNNEN, Gerold (Hrsg.), Geschichte der Stadt Worms, Stuttgart 2005
HENKES, Karlheinz (Hrsg.) 1200 Jahre Wiesoppenheim 793 - 1993, Chronik und Festschrift
zu Mai und 9. bis 13. Juni 1993, Worms, 1993
SPILLE, Irene (Bearb.) Stadt Worms (Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland.
Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz 10), Worms1992, S. 290-293
"Die St. Martinskirche in Worms-Wiesoppenheim", Pfarrgemeinderat Wiesoppenheim, 1973
Geschichte von Horchheim, Weinsheim und Wiesoppenheim, Worms, 1910
Festschrift 'Freiwillige Feuerwehr Worms, Löschzug Worms-Wiesoppenheim und Spielmannszug',
Worms-Wiesoppenheim, 1986
WITTE, Christian, Die Umlegung des Eisbachs bei Horchheim, Facharbeit in Erdkunde,
1997
Worms, im Juni 2009
Magdalena Kiefel
Stadtarchiv Worms
(Hintere Judengasse 6, D - 67547 Worms, stadtarchivworms.de)
Stadtarchiv Worms