Bestandsbeschreibung
Abt. 42 Gemeindearchiv Horchheim
Umfang: 107 Archivkartons, 3 lfm Amtsbücher, 11 lfm Urk.z.Rechn. (923 Verzeichnungseinheiten
= 33 lfm)
Laufzeit: 1710 - 1945/72
Zur Ortsgeschichte
Horchheim liegt ca. vier km südwestlich von Worms im Eisbachtal. Urkundlich wird der
Ort erstmals 766 in einer Schenkungsurkunde im Lorscher Codex genannt. Der Name des
Ortes leitet sich von dem Wort "horac" "sumpfig" ab. Das sumpfige, von Überschwemmungen
des Eisbachs heimgesuchte Tal gab ihm den Namen. Horchheim gehörte seit dem frühen
Mittelalter zum Hochstift Worms. Gemeinsam mit einigen umliegenden Ortschaften gehörten
Horchheim und Weinsheim zur Herrschaft Stauf, die im 12. Jh. Grafen von Eberstein
unterstanden, ab 1215 die Grafen von Zweibrücken und ab 1378 durch den Kauf an die
Grafen von Sponheim fiel. 1393 kam die Herrschaft auf dem Erbwege an die Grafen von
Nassau-Saarbrücken; Kurpfalz und Nassau-Weilburg, die im Laufe der Zeit ebenfalls
Rechte in Horchheim erworben hatten, waren 1706 an einem Tauschvertrag beteiligt,
mit dem der Ort wieder zum Hochstift kam (bis 1798). 1798 - 1814 französische Herrschaft,
ab 1816 Großherzogtum bzw. Volksstaat Hessen; 1816 Kanton Pfeddersheim, 1835 Kreis
Worms, 1848 Regierungsbezirk Mainz, 1850 Regierungsbezirk Worms, 1852 - 1942 Kreis
Worms, Eingemeindung nach Worms zum 01.04.1942.
Die Gemeinden Horchheim und Weinsheim sind in ihrer Geschichte eng miteinander verbunden.
Im Jahre 1715 erscheint Weinsheim zum erstenmal als selbständige Gemeinde mit eigenem
Bürgermeister. Nach 1792 wurde Weinsheim von Wiesoppenheim aus verwaltet, während
es kirchlich schon immer eine Filiale von Horchheim war. Aufgrund der engen Verbundenheit
befinden sich Akten von Weinsheim auch im Bestand von Horchheim.
Von Mitte 16. bis Anfang 17. Jahrhundert war Horchheim überwiegend evangelisch, seit
1635 (bis heute überwiegend) wieder katholisch (Pfarrkirche Heilig-Kreuz, Patronat
und Zehntrecht des Domstifts). Im Jahre 1496 lebten in Horchheim etwa 200 Einwohner.
Die Bevölkerung wuchs bis 1900 auf ca. 1.800 Einwohner, davon 7 Juden, und betrug
im Jahre 2002 4.475 Einwohner.
Erwähnenswert sind die Wohltätigkeitsstiftungen in Horchheim: die Elendenbruderschaft,
das Hospital Neuhausen und die Ordensniederlassung der barmherzigen Schwestern.
Die Elendenbruderschaft wurde 1448 errichtet. 1726 wurde aus Mitteln der Stiftung
ein neuer Altar für die Kirche beschafft und ein Beitrag zur Anschaffung einer Orgel
ausgewiesen. Die Gelder von den Zinsen dienten zur Erbauung und Erhaltung des Schulhauses
und der Besoldung der Schullehrer, zur Versorgung der Ortsarmen und armen Durchreisenden
und sowie zur Bezahlung des Schulgeldes für arme Kinder. 1824 wurde der Fonds durch
die Provinzialregierung in Mainz der Verwaltungskommission des Hospitals Neuhausen
unterstellt. 1825 wurde auf Antrag des Horchheimer Gemeinderats das sogenannte Bruderschaftshaus
mit Garten versteigert. Der Erlös wurde zum Bau des neuen Schul- und Gemeindehauses
verwendet.
Das Hospital Neuhausen wurde 1729/30 vom Wormser Bischof Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg
(1694-1732) in Form einer Stiftung gegründet und mit reichem Besitz ausgestattet.
In einer Urkunde vom 22. August 1730 (Abt. 61 Nr. 112) kauft der Bischof für 12000
Gulden das Hofgut und ehemalige Kloster Liebenau mit einer dazugehörigen Mühle und
zahlreichen Besitzungen, um so den Bestand der Stiftung zu gewährleisten. Vor seinem
Tod vermachte er einen großen Teil seines Vermögens der Stiftung, um das neu erbaute
Hospitalgebäude zu vollenden, damit nun endlich auch die Pfründner einziehen konnten.
Zu Beginn der französischen Zeit (1798), in der die Baulichkeiten zerstört wurden,
erfolgte die Umwandlung in ein Zivilhospital, das mit anderen Hospitälern des Kantons
Pfeddersheim vereinigt wurde. Durch ein Dekret vom Jahre 1801 erlangte das Hospital
Neuhausen seine Selbständigkeit und den Namen zurück. Als Sitz der Stiftung, deren
Vorsitz der Bürgermeister von Horchheim inne hatte, wurde Horchheim bestimmt. Weiterhin
wurden die 14 linksrheinischen Mitgliedsgemeinden festgelegt, deren Bürger von den
Geldern profitierten und deren Gesandte die Verwaltungskommission bildeten. Diese
waren: Beindersheim, Bobenheim, Dirmstein, Hettenheim, Leidelheim (später Hettenleidelheim),
Horchheim, Laumersheim, Mörsch, Neuhausen, Neuleinigen, Rheindürkheim, Roxheim, Weinsheim
und Wiesoppenheim. Im Jahre 1855 wurde ein revidiertes Stiftsstatut in Kraft gesetzt,
das 1948 von einer neuen Satzung abgelöst wurde.
Das frühere Spital existiert- unter der Aufsicht der Hospitalkommission auf Grundlage
eines aus landwirtschaftlichen Flächen bestehenden Hospitalvermögens in 20 Ortsgemarkungen
in und um Worms - als Stiftung bis heute fort. (s. Vorwort Abt. 61)
Zum Bestand
Infolge der am 01.04.1942 erfolgten Eingemeindung nach Worms kam das Archivgut 1943
(vgl. Abgabenverzeichnis der Gemeinde Horchheim Abt. 20 Nr. 22) in das Stadtarchiv.
Am 17.03.2004 übernahm das Stadtarchiv die restlichen Akten, die noch in der Gemeinde
aufbewahrt worden waren. Der Bestand war bereits durch ein vorläufiges Verzeichnis
(Grobverzeichnung) erschlossen. Im März 2008 wurde mit der Verzeichnung begonnen.
Die Laufzeit, dessen Gliederung dem Registraturplan von 1908 entspricht, reicht von
(1614) 1710 bis 1972.
Besonders erwähnenswert sind das Horchheimer Flur- und Güterbuch mit Grenzbeschreibung
der Gemarkung Horchheim von 1710-1773 (Nr. 0043) sowie Schatzungsbuch 1710-1798 (Nr.
0001); Gerichtsprotokoll über Tausch-, Kauf- und Verkaufsgeschäfte 1769-1791, Vormundschaften
18. Jh. (alph.); Lagerbuch, Renovaturprotokoll 1753; Renovation der Korngülte des
Andreasstifts (Perg. Urk. 1614), verschiedene Renovationen und Gülten des 18. Jh.
Bei den Einwohnerkarten befinden sich Auszüge aus den Geburts-, Heirats-, Straf- u.
Sterberegistern, Aufgebote, Kirchenaustritte für den Zeitraum von 1853 bis 1972 (Benutzung
nach Absprache).
Als fast lückenlose Serie sind die Bürgermeisterei-Rechnungen und die dazu gehörenden
Belege, in denen sich Pläne zum Bau des Schulhauses, 1827, (Nr. 793/2), Situationsplan
zur Überwachung oder Genehmigung von Neubauten auf dem unteren nach Osten gelegenen
Teil des Dorfes Horchheim, 1847 (Nr. 322), Entwurf zur Erbauung der Brücke über den
Eisbach an der unteren Mühle zu Horchheim, 1846 (Nr. 802/4) sowie Kostenvoranschläge
zur Bau einer Leichenhalle, Verpflegung und Einquartierung der Truppen beinhalten.
Bedeutend sind auch die ansässigen Firmen: Pfeiffer & Diller (ab 1875 Sitz in Horchheim
bis 1952); Gurken- und Sauerkrautfabrik Georg Selig (1924); Gurkeneinlegerei Heinrich
Wöhrle (1928).
Zahlreiche Exemplare der Wormser Zeitung befinden sich in den Akten des Gemeindearchivs.
Verluste gegenüber dem Archivinventar von 1937 sind festzustellen in Abt. II: Gemarkungsplan
1710; Generalkarte der Dörfer Horchheim, Weinsheim, Wiesoppenheim 1753 (Einzelkarten
1753 von Weinsheim in Abt. 46, von Wiesoppenheim in Abt. 47), Grenzbeschreibung der
drei Dörfer 1753; in IX: Erbbestandsbrief über Kornlieferung an Kloster Mariamünster/Worms
1664; in X: Kaufbrief 1658; Auszug aus dem Renovaturprotokoll 1750; verschiedene Gülten
und Zinsen 18. Jh.; Ämter- bzw. Protokollbuch 1774-1835. Die im Inventar von 1937
aufgeführten Rechnungen des Hospitals Neuhausen (ab 1731) befinden sich jetzt in Abt.
61 (Hospital Neuhausen)
Der Bestand umfasst nach Abschluß der Neuverzeichnung (April bis Nov. 2008) 910 Verzeichnungseinheiten,
die in 107 Archivkartons aufbewahrt werden. Die Akten befinden sich in gutem Zustand.
Ergänzende Archivabteilungen im Stadtarchiv:
-Abt. 5 Stadtverwaltung Worms 1815-1945
-Abt. 13 Polizeidirektion (u.a.: Entlassung aus dem hessischen Untertanenverband (1844
- 1911 Nr. 462)
-Abt. 30 Hessisches Kreisamt (u.a.: Aufnahme in den hessischen Staatsverband Nr. 30)
-Abt. 49 Pfeddersheim
-Abt. 20 Kulturinstitute
-Abt. 61 Hospital Neuhausen
-Abt. 204 Wormser Dokumentation/Sammlung Nr. 22
Literatur.:
BÖNNEN, Gerold (Hrsg.), Geschichte der Stadt Worms, Stuttgart 2005
FISCHER, Das Hospital Neuhausen, Worms, 1926
HEUSER, Edmund, Chronik Horchheim, 1978
HEUSER, Edmund, Heimatmuseum Worms-Horchheim, Bildband, 1987
HEUSER, Edmund, Festschrift zur 1200 Jahrfeier Worms-Horchheim, Worms, 1983
SPILLE, Irene (Bearb.), Stadt Worms (Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland.
Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz 10), Worms 1992, S. 234-241
WITTE, Christian, Die Umlegung des Eisbachs bei Horchheim, Facharbeit in Erdkunde,
1997
Zollhaus: eine Siedlung in Worms, 1987
50 Jahre Nikolaus-Ehlen-Siedlung, 2001
100 Jahre Heilig-Kreuz-Kirche, 2008
Magdalena Kiefel, November 2008
Stadtarchiv Worms
(Hintere Judengasse 6, D - 67547 Worms, stadtarchivworms.de)
Stadtarchiv Worms