Bestandsbeschreibung
Abt. 30 Hessisches Kreisamt Worms
Umfang: 182 Archivkartons (= 906 Verzeichnungseinheiten = 20 lfm)
Laufzeit: 1800/16 - 1938
Zur Geschichte der Kreisverwaltung und des Kreises Worms von 1835 bis 1945
Im Februar 1835 wurden in Rheinhessen - wie bereits einige Jahre zuvor (1832) in den
Provinzen Starkenburg und Oberhessen - die Kreise als staatliche Verwaltungsbezirke
eingerichtet (Mainz, Bingen, Alzey, Worms) . Die an der Spitze der Verwaltung stehenden
Kreisräte, denen als Vertreter ein Kreissekretär zugeordnet wurde, waren in der Regel
direkt dem Ministerium des Innern und der Justiz unterstellt. Der Kreis Worms umfasste
die hinsichtlich ihrer Ausdehnung noch in die französische Zeit zurückreichenden Kantone
Worms, Osthofen (bis 1822 Bechtheim) und Pfeddersheim, die vor allem als Friedensgerichts-
und Wahlbezirke fungierten. Unter dem Einfluss der liberalen Revolution von 1848 wurden
durch Gesetz vom 31.7.1848 die bisherigen Kreise zu etwas größeren Regierungsbezirken
zusammengefasst, wobei Worms zunächst zum Bezirk der Regierungskommission Mainz gehörte,
bevor ab Mitte 1850 kurzzeitig ein gesonderter Regierungsbezirk Worms (ehemalige Kreise
Alzey und Worms) geschaffen wurde. Bereits 1852 endete diese Episode, da mit Edikt
vom 15.2. die Kreise wieder hergestellt wurden; für Worms wurde der alte Sprengel
zugrunde gelegt. Neben den Kreisrat traten nun der Kreisassessor und nach dem Gesetz
vom 10.2.1853 die Bezirksräte als Beratungsorgane auf Kreisebene. Der Kreis Worms
mit den drei Friedensgerichtsbezirken (vgl. Abt. 31 und 32) Worms, Pfeddersheim und
Osthofen umfasste 1854 45 Orte mit 43.941 Einwohnern bei einer Fläche von 33.321 Hektar.
Unter Fortbestehen ihres Zuschnitts erhielten die Kreise durch das dem preußischen
Vorbild folgende 'Gesetz betr. die innere Verwaltung und die Vertretung der Kreise
und der Provinzen' vom 12.6.1874 neben dem Fortbestehen ihrer Aufgaben als staatliche
Verwaltungsbezirke die Funktionen korporativer Kommunalverbände zur Selbstverwaltung
ihrer Angelegenheiten mit einem gewählten Kreistag und sechsköpfigem Kreisausschuss
als Selbstverwaltungsorganen unter dem Vorsitz des Kreisrates. Gesetzliche Grundlage
für die Kreise und Provinzen war seit 1911 die Kreis- und Provinzialordnung. Im Frühjahr
1917 trat an die Stelle des Kreisrats der auch nach 1918/19 von der Staatsregierung
ernannte Kreisdirektor; ein Gesetz vom 15.4.1919 brachte eine Demokratisierung der
Wahlbestimmungen für Kreistag und Provinzialtag. Die Aufgaben der Kreisverwaltungen
wuchsen mit der allgemeinen Ausweitung der Verwaltungsaufgaben seit den 1870er Jahren
stetig an (z. B. 1881 Einführung der Kreisstraßen) und umfassten zunehmend Aufgaben
der Wohlfahrtspflege (vgl. auch 1912 Kreisbauverein für die Landgemeinden, 1913 Bezirkssparkasse
für die Landgemeinden des Kreises, Wasserversorgungsverband für das Seebachgebiet,
Rheinhessischer Elektrizitätsverband). Im Jahre 1900 zählte der Kreis Worms 74.160
Bewohner. Während der Zeit der französischen Besatzung von 1918/19 bis zum 30.6.1930
wurde das im früheren Bettendorfschen Palais an der Andreasstraße (1945 zerstört)
untergebrachte Kreisamt zur Vermittlungsstelle zwischen der Kreisbevölkerung und den
Besatzungsbehörden. Ein separatistischer Übergriffsversuch auf die Kreisverwaltung
Ende 1923/24 scheiterte. Im Zuge der durch die Nationalsozialisten ab 1933/34 durchgeführten
Veränderungen der Verfassung und Verwaltung im Volksstaat Hessen bzw. im Gau Hessen-Nassau
schieden durch ein Gesetz vom 9.8.1938 (in Kraft getreten mit Wirkung vom 1.11.1938)
die Städte Mainz und Worms, die als Stadtkreise konstituiert wurden, aus ihren jeweiligen
Kreisverbänden aus.
Übernahme, Struktur, Laufzeit und Verzeichnung
Infolge der 1938 erfolgten Verselbständigung des Stadtkreises Worms wurden die die
Stadt Worms einschließlich der 1898 eingemeindeten Vororte Neuhausen, Hochheim und
Pfiffligheim betreffenden Akten des Kreisamts der Stadt übertragen und gelangten im
September 1941 mitsamt einer vom Landrat (seit 1939 Bezeichnung für den Kreisdirektor)
unterzeichneten Abgabeliste vom Kreis- bzw. Landratsamt in die Obhut der Stadtbibliothek.
Die umfangreichen Bestände werden durch die bereits 1939 an das Staatsarchiv Darmstadt
abgegebene und aufgrund anderweitiger Lagerung erhalten gebliebene umfangreiche Abgabe
des Kreisamts an das Staatsarchiv ergänzt, die gemeinsam mit dem Wormser Anteil den
größten Teil der erhaltenen rheinhessischen Kreisamtsüberlieferung ausmacht (Staatsarchiv
Darmstadt, G 15 Worms, vgl. das Findbuch). Beide Abteilungen zusammengenommen, kann
Worms zu den am besten erhaltenen hessischen Kreisamtsbeständen überhaupt gezählt
werden.
Die Laufzeit des Bestandes reicht von 1814 (mit Vorakten der Zeit bis ca. 1780) bis
1838/42. Der Schwerpunkt der Überlieferung reicht vom späten 19. Jahrhundert bis in
die 1920er Jahre.
Die Gliederung des Bestandes entspricht dem im Aktenplan von 1906 verbindlich vorgeschriebenen
Gruppenschema, das wiederum starke Ähnlichkeiten mit dem Registraturplan für die Bürgermeistereien
vom Jahre 1908 aufweist.
Der gesamte Bestand wurde in den Jahren 2000 bis Oktober 2003 - auch unter Einsatz
studentischer Praktikantinnen und Praktikanten - neu verzeichnet, in Augias eingegeben
und indiziert. Er umfasst nach dem Abschluss dieser Arbeit 906 Verzeichnungseinheiten
bzw. 181 Archivkartons. Benutzungsbeschränkungen bestehen keine. Lagerungsort ist
das Magazin im Raschi-Haus.
Stadtarchiv Worms
(Hintere Judengasse 6, D - 67547 Worms, stadtarchivworms.de)
Stadtarchiv Worms