Umfang: 93 Kartons
Provenienz:
1923 - 1925: NÖ Landesregierung, übertragener Wirkungsbereich, Abteilung Kriegsgräberevidenz
1925 - 1935: Amt der NÖ Landesregierung, Landesamt für Evidenzangelegenheiten (einschließlich
Kriegsgräberevidenz und -fürsorge)
1936 - 1938: Landeshauptmannschaft NÖ, Gruppe Evidenzangelegenheiten (einschließlich
Kriegsgräberevidenz und -fürsorge)
1939 - 1940: Landeshauptmannschaft Niederdonau, Landesamt für Evidenzangelegenheiten
(einschließlich Kriegsgräberevidenz und -fürsorge)
1940 - 1945: Der Reichsstatthalter in Niederdonau, Dezernat Ia-7
1945 - 1950: Amt der NÖ Landesregierung, Landesamt II/4 K
1950 - 1960: Amt der NÖ Landesregierung, Landesamt I/4 K
1960 - 1996: Amt der NÖ Landesregierung, Landesamt I/3 K
ab 1.11.1996: Amt der NÖ Landesregierung, Landesamt, Abteilung IVW2 K
Bestandsschwerpunkte:
Kriegsgräber, Kriegstote, Kriegerdenkmäler, Erster und Zweiter Weltkrieg, Zivilinternierte,
Kriegsgefangene, Soldaten, Flüchtlinge, Sowjets, Rote Armee, Spenden, Umbettungen
Rechtsgrundlagen:
-) Bundesgesetzblatt Nr. 403, Bundesgesetz vom 30. Juni 1922, betreffend die Einsetzung
einer Bundeskommission für Kriegsgräberfürsorge und sonstiges Kriegsverlustwesen.
Da Österreich im Friedensvertrag von St. Germain 1920 zur Kriegsgräberfürsorge verpflichtet
worden war, bestand die Hauptaufgabe dieser Kommission darin, die für die entsprechenden
Agenden dringlichen Arbeiten voranzutreiben. Sie sorgte auch für die Mitwirkung des
Vereines des "Schwarzen Kreuzes" und hatte vierteljährlich an den Nationalrat über
den Fortgang der Arbeiten zu berichten.
-) Bundesgesetzblatt Nr. 257, Bundesgesetz vom 2. Juli 1925, betreffend die Beanspruchung
von Grundeigentum für die Kriegsgräberfürsorge. Dieses Gesetz verpflichtet alle Eigentümer
eines Grundstückes, auf dem Kriegergräber lagen, diese Gräber dauernd zu belassen
und alle Vorkehrungen zu dulden, die der Instandhaltung der Gräber dienten. Es definierte
Kriegergräber als "Gräber aller nach dem 1. August 1914 im Bundesgebiete beerdigten
Personen, die im Zeitpunkte des Todes entweder Angehörige der bewaffneten Macht der
ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie, eines ihr im Weltkriege verbündeten
oder eines feindlichen Staates waren oder zum Gefolge einer dieser Streitkräfte gehörten."
Die Bestimmungen des Gesetzes galten auch für Gräber von Kriegsgefangenen, Zivilinternierten
und "Kriegsbeschädigten", die bis zum Abschluss des Friedensvertrages von St. Germain
am 16. Juli 1920 im Bundesgebiet verstorben waren. Flüchtlinge und durch Selbstmord
zu Tode Gekommene galten dagegen nicht als "Kriegstote" im Sinne der damaligen Kriegsgräberfürsorge.
-) Gesetzblatt für das Land Österreich, 1432. Kundmachung des Reichskommissars für
die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich, wodurch die Verordnung
über die Einführung des Kriegsgräberfürsorgerechts in der Ostmark und im Reichsgau
Sudetenland vom 10. November 1939 bekanntgemacht wird. Diese Kundmachung verordnete
die Einführung des Gesetzes über die Erhaltung der Kriegergräber aus dem Weltkrieg
vom 29. Dezember 1922 (Reichsgesetzblatt 1923 I S. 25) und der Verordnung über die
Erhaltung der Kriegergräber aus dem Weltkrieg vom 31. Dezember 1922 (Reichsministerialblatt
1923 S. 9).
-) Bundesgesetzblatt Nr. 175, Bundesgesetz vom 7. Juli 1948 über die Fürsorge für
Kriegsgräber aus dem ersten und zweiten Weltkrieg. Mit diesem Gesetz verpflichtet
sich der Bund, die Kriegsgräber des Ersten und Zweiten Weltkrieges dauernd zu erhalten.
-) Bundesgesetzblatt Nr. 176, Bundesgesetz vom 7. Juli 1948 über die Fürsorge und
den Schutz der Kriegsgräber und Kriegsdenkmäler aus dem zweiten Weltkrieg für Angehörige
der Alliierten, Vereinten Nationen und für Opfer des Kampfes um ein freies, demokratisches
Österreich und Opfer politischer Verfolgung. Mit diesem Gesetz wurde die Fürsorge
auch auf Gräber all jener Personen ausgeweitet, die im Kampf um ein freies und demokratisches
Österreich gefallen oder als Opfer politischer Verfolgung, als Kriegsgefangene, Zivilinternierte,
Zwangsarbeiter, Häftlinge von Konzentrationslagern oder Gefängnissen gestorben waren
und im Gebiet der Republik Österreich beerdigt sind. Ferner wurde bestimmt, dass öffentliche
Denkmäler zu Ehren dieser Personenkreise Denkmäler im Sinne des Denkmalschutzgesetzes
(BGBl. Nr. 533/1923) sind.
-) Bundesgesetzblatt Nr. 152, Staatsvertrag betreffend die Wiederherstellung eines
unabhängigen und demokratischen Österreich. Im Artikel 19 verpflichtet sich Österreich,
die auf österreichischem Gebiet befindlichen Gräber von Soldaten, Kriegsgefangenen
und zwangsweise nach Österreich gebrachten Staatsangehörigen von Nationen, die sich
mit Deutschland im Kriegszustand befanden, zu erhalten; "desgleichen die Gedenksteine
und Embleme dieser Gräber sowie Denkmäler, die dem militärischen Ruhm der Armeen gewidmet
sind, die auf österreichischem Staatsgebiet gegen Hitler-Deutschland gekämpft haben."
Bestandsgeschichte:
Das Kriegsgräberreferat bei der NÖ Landesregierung wurde am 15. Februar 1923 geschaffen.
Die Kriegsgräberevidenz war und ist eine Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung.
Im Jahr 1950 hatte die Kriegsgräberfürsorge des Landes etwa 65.000 Kriegergräber zu
betreuen. Davon stammten 20.000 aus dem Ersten Weltkrieg; die meisten Opfer kamen
aus den großen Kriegsgefangenenlagern, wie etwa Wieselburg, Sigmundsherberg und anderen.
Ungefähr 45.000 Kriegsgräber rührten aus dem Zweiten Weltkrieg. Insgesamt soll es
1950 in Niederösterreich etwa 1000 Friedhöfe für Opfer beider Weltkriege gegeben haben.
Die Akten der Kriegsgräberfürsorge gelangten in zwei Tranchen in das NÖ Landesarchiv.
Die erste Tranche wurde in den 1980er Jahren übernommen; Anstoß dafür dürfte die damals
abgeschlossene Exhumierung und Überführung deutscher Weltkriegsteilnehmer in die vier
Sammelfriedhöfe in den jeweiligen Landesvierteln gewesen sein. Diese Friedhöfe werden
vom "Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V." betreut und befinden sich in Oberwölbling
(Bezirk St. Pölten), Retz (Bezirk Hollabrunn), Allentsteig (Bezirk Zwettl) und Blumau-Neurißhof
(Bezirk Baden). Die zweite Tranche an Akten wurde dem Archiv 2008 übergeben.
Bestandsbeschreibung:
Der Bestand ist alphabetisch nach jenen Ortschaften, in denen sich "Kriegsgräber"
(zur Definition siehe oben "Rechtsgrundlagen") befanden oder immer noch befinden,
geordnet. Er bezieht sich auf Kriegstote und Kriegsgräber aus dem Ersten und Zweiten
Weltkrieg, enthält Informationen über Erinnerungszeichen an diese Kriege und gliedert
sich in fünf Kategorien von Kriegsgräberakten. Die weitaus umfangreichste Kategorie
betrifft deutsche Anlagen, gefolgt von sowjetischen und national nicht differenzierten
Kriegsgräberanlagen, einigen wenigen jüdischen Kriegsgräbern (Baden, Hofamt Priel,
Hofstetten, Hohenau an der March, Hollabrunn, Horn, Mistelbach, Tulln, Wiener Neustadt)
und zwei Anlagen mit KZ-Opfern (Amstetten, Melk).
Bezüglich des Ersten Weltkrieges finden sich in den Akten häufig auch Materialien
über die in den einzelnen Gemeinden errichteten Kriegerdenkmäler (oft auch mit Fotos
oder Zeichnungen). Bezüglich des Zweiten Weltkrieges enthalten die Archivalien u.a.
auch Unterlagen über sowjetische Denkmäler zu Ehren der Roten Armee (teilweise mit
Skizzen).
In den Akten finden sich vielfach Namen von bestatteten Kriegstoten, detaillierte
Informationen über Umbettungen, manchmal auch Listen über Todesursachen mit Geburts-,
Todes- und Bestattungsdaten, Skizzen über die Lage der Kriegergräber im jeweiligen
Friedhof, Berichte über den Lokalaugenschein zum Zustand der Gräber. Für die Zeit
nach dem Zusammenbruch der NS-Herrschaft sind mitunter auch Namen verstorbener Flüchtlinge
und Vertriebener vermerkt, ferner Aufzeichnungen über Spenden für Kriegsgräber.
Größere Aktenbestände bezüglich sowjetischer Kriegstoter wurden dagegen noch nicht
an das NÖ Landesarchiv abgetreten. Sie befinden sich noch in der zuständigen Abteilung
der NÖ Landesverwaltung.
Zitat:
NÖ Landesarchiv (NÖLA), Amt der NÖ Landesregierung (ANÖLR), Kriegsgräberfürsorge,
Gemeinde, Dokument mit Datum.
Literatur:
Kriegsgräberfürsorge, in: Amtliche Nachrichten der niederösterreichischen Landesregierung
(30. 9. 1950), S. 159 - 160.
Peter Sixl, Sowjetische Kriegsgräber in Österreich. Graz [u.a.] 2005 (Veröffentlichungen
des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgen-Forschung /Verein zur Förderung der
Forschung von Folgen nach Konflikten und Kriegen, Sonderband 6).
Joachim Weninger/Heinz Arnberger, Sowjetische Kriegsgräberanlagen, in: Heinz Arnberger/Claudia
Kuretsidis-Haider (Hg.), Gedenken und Mahnen in Niederösterreich. Erinnerungszeichen
zu Widerstand, Verfolgung, Exil und Befreiung 1934-1945 (im Erscheinen).
Stefan Eminger, Bruno Rupp